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Starker Ausschlag. Auf der Internetseite der Erdbebenstation Bensberg der Uni Köln ist am Freitag eine seismologische Kurve des Erdbebens in Japan zu sehen.

© dpa

Wirtschaftliche Folgen: Erdbeben schockt die Börse

Das Erdbeben in Japan hat am Freitag die Aktienmärkte überall auf der Welt belastet. Experten erwarten aber, dass Japan die ökonomischen Folgen verkraftet.

Berlin - Der japanische Börsenindex Nikkei verlor 1,7 Prozent und schloss auf einem Fünf-Monats-Tief bei 10254,43 Punkten. Doch Ökonomen gehen davon aus, dass Japan wenigstens die wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe ohne gravierende Schwierigkeiten meistern wird. „Ich erwarte mittelfristig keine größeren negativen Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt“, sagte Jana Stöver vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) dem Tagesspiegel. Auch Wolfgang Leim, Japan-Experte der Commerzbank, meint: „Die Erfahrung aus der Vergangenheit mit ähnlichen Naturkatastrophen zeigt, dass es nur zu einem kurzfristigen Einbruch kommt.“

Zunächst werde es zwar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung geben, weil Teile der Infrastruktur und der Produktionsanlagen zerstört seien und Arbeitskräfte nicht zur Arbeit kommen könnten, sagte Stöver vom HWWI. „Doch dieser Ausfall kann schnell kompensiert werden, weil die zerstörten Kapazitäten wiederaufgebaut werden und wieder investiert wird, was konjunkturell vorübergehend sogar einen expansiven Effekt hat.“ Ähnlich sieht das auch Leim von der Commerzbank. Durch den Wiederaufbau „dürfte es zu einer umso kräftigeren Erholung kommen.“

Der Staat habe ja bereits angekündigt, dass er einspringen werde, sagte Stöver. Der ist allerdings bereits hoch verschuldet. Japan hat mit rund 225 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen der höchsten Schuldenstände der Welt. Dennoch gelte: „Japan hat momentan kein Problem, sich an den Märkten zu refinanzieren“, sagte Stöver. Der japanische Staat ist im Gegensatz etwa zu den USA vor allem bei der eigenen Bevölkerung verschuldet. Derzeit liegt der Zins für zehnjährige japanische Staatsanleihen bei lediglich 1,28 Prozent. „Japans Wirtschaft genießt großes Vertrauen und ist stark genug, die notwendigen Investitionen zu finanzieren“, erläuterte Stöver. „Für andere Länder hätte so ein Schock sicher größere Auswirkungen.“ Und natürlich gebe es auch einige Branchen, die traditionell von solchen Naturkatastrophen profitieren – wie etwa die Bauwirtschaft.

Japan-Experte Leim verwies auf die Erfahrungen der Japaner aus der Vergangenheit. Bisher hätten die Beben für die Wirtschaftsentwicklung keine nachhaltig negativen Folgen gehabt. Ein Beispiel sei das Beben von Kobe im Jahr 1995. Damals brach die Industrieproduktion im Januar um 2,5 Prozent ein, sie machte die Einbußen in den beiden Folgemonaten dann jedoch mehr als wett. Franz Waldenberger vom Japan-Zentrum der Uni München sagte, „auch wenn das aktuelle Beben stärker war als in Kobe 1995, entscheidend sind die Auswirkungen“. Damals habe das Beben einen geschätzten Schaden von zehn Billionen Yen (rund 110 Milliarden Euro) verursacht. Die aktuell betroffene Präfektur Miyagi sei aber weniger dicht besiedelt und wirtschaftlich nur halb so stark. Commerzbank-Experte Leim verwies darauf, dass sich auch Australien und Neuseeland relativ rasch von Naturkatastrophen erholt hätten. Es sei aber zu früh, um Aussagen über das Ausmaß der nun in Japan entstandenen Kosten zu machen.

Klar ist jedoch, dass das Erdbeben und der Tsunami in Japan die Rückversicherer erheblich belasten wird. Es ist bereits die dritte große Naturkatastrophe in diesem Jahr in einem Industrieland, in dem viele Sachwerte versichert sind. Erst am Donnerstag hatte Munich Re (früher: Münchener Rück) erklärt, dass die Flutkatastrophe und der Zyklon in Australien sowie das Erdbeben in Christchurch in Neuseeland allein den größten Rückversicherer der Welt rund 1,1 Milliarden Dollar kosten werden. Das entspricht etwa zwei Dritteln der Summe, die das Unternehmen 2010 für Naturkatastrophen ausgeben musste. Auch 2010 waren es zwei Erdbeben, die für Munich Re besonders kostspielig waren: eines in Chile und das erste Erdbeben in Christchurch, das sich im September 2010 ereignet hatte. Die gesamten versicherten Schäden allein dieser beiden Naturkatastrophen lagen bei acht beziehungsweise fünf Milliarden Dollar. Nach ersten Schätzungen rechnen einige Rückversicherer in Japan mit geringeren Schäden, denn dort gelten anspruchsvolle Bauvorschriften. Als nahezu uneinschätzbar gilt jedoch, welche Schäden der Tsunami angerichtet hat. Die Aktien von Munich Re, Hannover Rück und Swiss Re brachen am Freitag um jeweils rund fünf Prozent ein.

Der japanische Yen legte dagegen zu. Börsianer spekulierten, dass Japaner – wie schon nach dem Beben von Kobe – Auslandsinvestments auflösen und das Geld in ihre Landeswährung zurücktauschen werden. Dollar und Euro gaben daraufhin um mehr als zwei Prozent gegenüber dem Yen nach. mit dpa

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