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Wirtschaftseinbruch: Minus fünf Prozent in 2009

Jetzt ist es amtlich: Die deutsche Wirtschaft ist 2009 so stark eingebrochen wie noch nie seit 1945.

Wiesbaden - Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und damit der Wert aller produzierten Güter und erbrachten Dienstleistungen ging im vergangenen Jahr real im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent zurück. Das gab das Statistische Bundesamt am Mittwoch bekannt. 2008 hatte das BIP noch um 1,3 Prozent zugelegt. Der stärkste Einbruch war bislang 1975 mit minus 0,9 Prozent registriert worden.

Einen noch stärkeren Absturz verhinderte die Bundesregierung mit staatlichen Konjunkturstützen, etwa der Förderung von Kurzarbeit oder der Abwrackprämie. Das verursachte eine gigantische Neuverschuldung, mit der Deutschland 2009 erstmals seit vier Jahren wieder die EU-Schuldengrenze durchbrochen hat. Das Staatsdefizit stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 77,2 Milliarden Euro auf 3,2 Prozent des BIP. Damit überschritt Deutschland die Schuldengrenze des europäischen Stabilitätspaktes, der höchstens ein Defizit von 3,0 Prozent des realen BIP erlaubt. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen gaben unter dem Strich im vergangenen Jahr deutlich mehr Geld aus, als sie einnahmen. Während die Einnahmen um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgingen, stiegen die Ausgaben um fünf Prozent.

Immerhin sieht Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes, die Talfahrt der Wirtschaft im Verlauf des vergangenen Jahres zum Ende gekommen. Im vierten Quartal stagnierte das BIP im Vergleich zum Vorquartal. Im ersten Vierteljahr war es um 3,5 Prozent geschrumpft, in den beiden folgenden Quartalen hatte die Wirtschaft leicht um 0,4 und 0,7 Prozent zugelegt. „Der Einbruch fand hauptsächlich im Winterhalbjahr 2008/2009 statt“, sagt Egeler. Rein rechnerisch würde sich im Jahr 2010 eine Wachstumsrate von einem halben Prozent ergeben, sollte die Wirtschaft auf dem aktuellen Niveau stagnieren.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sieht noch keinen Anlass für eine Entwarnung in der Wirtschaftskrise. „Von einem selbsttragenden Aufschwung kann noch nicht die Rede sein“, sagte er, auch wenn die Talsohle wohl durchschritten sei. „Es liegt vor uns noch ein längerer, steiniger Weg“, bis man wieder auf das Wirtschaftsniveau von 2008 zurückkehren werde, sagte Brüderle am Mittwoch. Der aktuelle Einbruch zeige auch, dass man zur Stärkung der Konjunktur „noch eine Schippe drauflegen“ sollte, betonte er mit Blick auf mögliche Steuerentlastungen. Aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) befand sich die Wirtschaft zum Jahresende wieder auf Erholungskurs. Trotz des massiven Einbruchs des BIP hätten sich „die schlimmsten Befürchtungen glücklicherweise nicht bewahrheitet“, erklärte der Verband. 2010 sieht der DIHK die deutsche Wirtschaft auf einem „robusten Aufwärtspfad“.

2009 zogen vor allem dramatische Einbrüche bei den Ausrüstungsinvestitionen mit minus 20 Prozent und beim Export mit minus 14,7 Prozent das BIP nach unten. Erstmals seit 1993 wurden weniger Waren und Dienstleistungen aus Deutschland ausgeführt als im Jahr zuvor. Der Einbruch im deutschen Außenhandel hat mit minus 3,4 Prozentpunkten den größten Anteil am Rückgang des BIP. Die stark geschrumpften Investitionen waren für 2,4 Punkte der geringeren Wirtschaftsleistung verantwortlich.

Dagegen entwickelte sich der private Konsum zu einer Stütze der Konjunktur: Die Deutschen gaben preisbereinigt 0,4 Prozent mehr aus als 2008. Allerdings spielten dabei die Abwrackprämie und damit die Autoverkäufe eine entscheidende Rolle. „Für fast alle anderen Verwendungszwecke gaben die Deutschen weniger aus. Rechnet man die Pkw-Käufe heraus, wäre der private Konsum um 0,5 Prozent zurückgegangen“, erklärte Roderich Egeler.ro/rtr

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