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Wirtschaftsförderung: "Wir müssen ein Leitbild finden"

René Gurka, Chef der Berliner Wirtschaftsförderung, setzt auf grüne Technologien.

Herr Gurka, Sie versuchen seit zweieinhalb Jahren, Unternehmen in Berlin anzusiedeln. Macht die Krise alles zunichte?


Durch unsere Struktur sind wir in Berlin bisher recht glimpflich davongekommen. Was bei uns immer kritisiert wird, kommt uns jetzt zugute: Dass wir eine kleinteilige Wirtschaft haben und nicht so sehr vom Export abhängig sind. Auch was die Neuansiedlungen angeht, ist es nicht so, dass das Interesse eingebrochen ist. Es ist zwar schwieriger geworden, Entscheidungen herbeizuführen. Es gibt aber immer noch genug Unternehmen, die nach Berlin kommen wollen, nur dauern die Prozesse jetzt etwas länger.

Sie haben immer die Clusterbildung propagiert. Konzentrieren Sie sich bei der Ansiedlung nach wie vor auf Schwerpunkte?


Die Clusterbildung war eine sehr schlaue Idee. Diese Cluster – Gesundheitswirtschaft, Medien/IT/Kreativwirtschaft und Verkehrstechnik/Clean Technologies – locken in Berlin immer mehr Investoren an. Unternehmen wie Universal oder MTV sitzen ja nicht in einem Kokon. Die brauchen Zulieferungen, Grafiker, Texter, die brauchen vielleicht mal zusätzliche Studios, all das finden sie hier. Die Clusterbildung war genau richtig. Jetzt sollten wir den nächsten Schritt machen.

Und was ist der nächste Schritt?

Wir müssen ein Leitbild für Berlin finden, eine Klammer oder ein neues Thema, das man mit allen politisch Handelnden gemeinsam nach vorne treibt. Ich denke, wir sollten auf die Clean Technologies, die sauberen oder grünen Technologien, setzen. Das ist die Solarwirtschaft, das kann die Energiewirtschaft sein, das Thema effizientes Bauen, aber auch effiziente Automobile, Fortbewegung im Allgemeinen, E-Mobility. Darüber müssen wir reden. Denn wenn wir bekannt machen können, dass Berlin ein Zentrum für die Erprobung von Elektrofahrzeugen und die Entwicklung neuer Antriebe ist, dann werden wir zum Beispiel auch für Batteriehersteller interessant und für andere Unternehmen, die eine Querschnittsfunktion in dem Bereich haben.

Berlin ist für Mitarbeiter ein anerkannt attraktiver Standort, was fehlt in der Stadt?

Wir haben in den letzten fünf bis acht Jahren viele gute Unternehmen an den Standort geholt. In dieser Zeit konnten wir aber nicht alle Defizite wettmachen, die wir in den letzten 50, 60 Jahren angehäuft haben. Die Unternehmen, die nach der Blockade und in den 90er Jahren aus Berlin verschwunden sind, haben Lücken am Arbeitsmarkt hinterlassen. Darum ist es für Arbeitnehmer schwieriger, hier Jobs zu finden. Umgekehrt zieht es Unternehmen natürlich an Standorte, an denen viele gut ausgebildete Leute leben.

Das Gespräch, hier auszugsweise abgedruckt, führten Miriam Schröder und Gerd Appenzeller für „Berlin maximal“.

René Gurka, 1971 in Friesland geboren, studierte in Osnabrück Jura. Mitte der 90er Jahre machte er sich selbstständig im Mobilfunkgeschäft. 2001 ging Gurka zur Deutsch-Amerikanischen Handelskammer nach Atlanta und später San Francisco. Seit April 2007 ist er Chef der Wirtschaftsförderung Berlin Partner, zu der sich die privatwirtschaftliche Marketingorganisation Partner für Berlin und die staatliche Wirtschaftsförderung zusammenschlossen. Aufsichtsratsvorsitzender ist Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke).

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