zum Hauptinhalt

Wirtschaftskrise: Jeder Neunte verliert den Arbeitsplatz

Mehr als 3,2 Millionen Menschen haben in dem Jahr seit Ausbruch der Wirtschaftskrise nach einer DGB-Untersuchung ihre Stelle verloren. Das sind rund 500.000 mehr als in dem vorausgegangenen Jahr. Leiharbeitnehmer sind von der Krise am stärksten betroffen, Bankangestellte kaum.

Berlin - Trotz Kurzarbeit wurde seit Oktober 2008 jedem Neunten der knapp 28 Millionen sozialversichert Beschäftigten gekündigt. „Das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren und arbeitslos zu werden, ist groß“, zieht der Autor der am Mittwoch bekannt gewordenen Untersuchung, der DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy, Bilanz.

Allerdings gibt die Zahl der Kündigungen nicht den Anstieg der Arbeitslosenzahl wieder. Diese nahm binnen Jahresfrist um knapp 300 000 auf zuletzt 3,35 Millionen zu. Wie viele Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus wieder einen Job gefunden haben, wurde in der DGB-Studie nicht untersucht. Adamy sagte, es herrsche nach wie vor „große Fluktuation am Arbeitsmarkt“. Das höchste Risiko, arbeitslos zu werden, tragen nach seinen Ergebnissen Leiharbeiter: 6,1 Prozent von ihnen müssen sich im Schnitt monatlich neu arbeitslos melden. Im Gastgewerbe sind es 1,7 Prozent der Beschäftigten, im Baugewerbe 1,5 Prozent.

Am geringsten war das Entlassungsrisiko mit 0,2 Prozent bei Banken und Versicherungen, also jener Branche, von der die Krise ausging. In absoluten Zahlen war das Risiko einer Kündigung im verarbeitenden Gewerbe am größten: Hier verloren laut der DGB-Untersuchung 459 000 Menschen ihren Job, bei den Leiharbeitern traf dieses Schicksal etwa 430 000 Arbeitnehmer, im Handel waren es 360 000.

Gut 600 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, und somit ein knappes Fünftel aller neu arbeitslos Gemeldeten, wurden nach Adamys Erkenntnissen „ohne Zwischenstopp ins Hartz-IV-System durchgereicht“. Damit drohe sich bei einer Fortdauer der Krise „das Verarmungsrisiko von Arbeitslosen noch zu erhöhen“, warnte Adamy. Linksfraktions-Vize Klaus Ernst sagte mit Blick auf die DGB-Studie, die Krise habe „schwere Verwüstungen angerichtet und Millionen Jobs vernichtet, ohne dass ausreichend neue entstanden sind“. Nötig sei „ein Rettungspaket für die Krisen-Arbeitslosen“ mit einer Verlängerung des Arbeitslosengelds I auf einheitlich 24 Monate.

Das Statistische Bundesamt teilte am Mittwoch mit, die durchschnittlichen Tarifentgelte würden dieses Jahr um drei Prozent steigen. Dennoch „haben wir auch 2009 wieder Verluste beim Realeinkommen“, erklärte dazu Claus Schäfer von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die realen Löhne hätten trotz niedriger Inflation im ersten Quartal um 0,4 Prozent und im zweiten Quartal um 1,2 Prozent unter den Werten aus dem Vorjahr gelegen.

Die um durchschnittlich drei Prozent gestiegenen Tarifgehälter seien zunächst nur ein Anspruch der Arbeitnehmer, sagte Schäfer. In der Realität würden häufig Zulagen abgeschmolzen und die Erhöhungen mithilfe von Öffnungsklauseln nach hinten verschoben. Aktuell sei auch wegen der Kurzarbeit bei den Beschäftigten sehr viel weniger angekommen. Ohnehin seien nur rund 60 Prozent der Arbeitnehmer von Tarifverträgen geschützt. Nicht tarifgebundene Unternehmen orientierten sich zwar teilweise an den Abschlüssen, setzten nominale Erhöhungen aber nicht so schnell und auch nicht in gleichem Umfang um.dpa

Meinungsseite

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false