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Merkel

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Wirtschaftskrise: Merkels Gebote

Die Kanzlerin wirbt bei den Weltwirtschaftsorganisationen für ihre Charta. Aber nicht nur zwischen den europäischen Regierungschefs sind Meinungsverschiedenheiten um den richtigen Kurs aus der Krise absehbar.

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Leiter der wichtigsten internationalen Wirtschaftsorganisationen auf ihren Kurs einer „Charta des nachhaltigen Wirtschaftens“ eingeschworen. Darin sollen sich die Staaten zu gemeinsamen Regeln für die Wirtschaft und zu sozialen und ökologischen Standards bekennen. Die Einhaltung der Charta soll Merkel zufolge von einem „Weltwirtschaftsrat“ der Vereinten Nationen überwacht werden. In einer gemeinsamen Erklärung, die jetzt im Kanzleramt vorgelegt wurde, heißt es, die Welt brauche einen Ordnungsrahmen, „der Marktexzesse verhindert und so künftigen Krisen entgegenwirkt“.

Geladen waren José Ángel Gurría (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD), Pascal Lamy (Welthandelsorganisation, WTO), Juan Somavia (Internationale Arbeitsorganisation, Ilo), Dominique Strauss-Kahn (Internationaler Währungsfonds, IWF) und Weltbank-Präsident Robert Zoellick. Für sie war es das zweite gemeinsame Treffen mit der Kanzlerin, die die Runde bereits im Dezemer 2007 zusammengerufen hatte. Sie lobten Merkels Engagement bei der Suche nach einer international abgestimmten Antwort auf die Krise. Die Runde warnte vor protektionistischen Reaktionen, nationale Konjunkturpakete dürften den Handel nicht stören. „Gerade wir als Exportnation wissen, dass man die eigenen Türen nicht verschließen darf, wenn man anderswo auf offene Türen angewiesen ist“, sagte Merkel.

Das Treffen der Kanzlerin mit den Wirtschaftsrepräsentanten ist zeitlich gut in den Ablauf des internationalen Konferenzgeschehens eingefügt. Anfang April treffen sich in London erneut die G20-Staaten. Das ist die um Schwellenländer erweiterte G8-Runde der führenden Wirtschaftsnationen. Merkel hofft, dass sie dort Anhänger für ihre Nachhaltigkeits-Charta findet. Die Vertreter der Wirtschaftsorganisationen könnten da nützliche Unterstützer sein. Merkel sagte, sie habe den britischen Premier Gordon Brown gebeten, die Chefs der Organisationen zum G20-Gipfel einzuladen. Dort wird es auch darum gehen, welcher europäische Politiker die besten Rezepte gegen die Wirtschaftskrise vorweisen kann. Auch Gordon Brown und der französische Präsident Nicolas Sarkozy werden sich als führende Ideengeber präsentieren wollen.

Aber nicht nur zwischen den europäischen Regierungschefs sind Meinungsverschiedenheiten um den richtigen Kurs aus der Krise absehbar. Auch mit ihrem Außenminister und Kontrahenten bei der anstehenden Bundestagswahl, Frank-Walter Steinmeier (SPD), bahnt sich ein Konflikt an. Nach Informationen des „Handelsblatt“ lehnen die Experten in Steinmeiers Auswärtigen Amt Merkels Vorschlag eines „Weltwirtschaftsrates“ ab. In einem eigens angefertigten Vermerk zu dem Merkel-Vorstoß kommen die Diplomaten zu einem vernichtenden Urteil: Der Vorschlag der Kanzlerin sei unrealistisch und unglaubwürdig.

Die richtige Reaktion auf die Krise wurde am Donnerstag auch in Frankfurt am Main gesucht. Dort hat die Europäische Zentralbank eine weitere Leitzinssenkung im März in Aussicht gestellt, um die Konjunktur zu stützen. Den Leitzins beließ die EZB wie erwartet bei zwei Prozent. Alexander Visser

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