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Wirtschaftskrise: SPD ist uneins bei Staatshilfen für Arcandor

Peer Steinbrück geht auf Distanz zu seinem Parteichef: Im Gegensatz zu Franz Müntefering will sich der Finanzminister im Fall Arcandor nicht auf Bundeshilfen festlegen.

Steinbrück signalisierte Vorbehalte gegen eine staatliche Bürgschaft für den kriselnden Touristik- und Kaufhauskonzern. "Bei Arcandor bin ich dafür, dass das Für und Wider abgewogen wird - schlicht und einfach", sagte der Minister dem Deutschlandfunk.

Arcandor fordert zur Korrektur seiner Schieflage eine Bürgschaft in Höhe von 650 Millionen Euro und einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW über 200 Millionen Euro. SPD-Chef Franz Müntefering möchte dem Konzern diese Hilfen gewähren. "Die Bürgschaft, um die es da geht, scheint mir notwendig und zukunftsträchtig", sagte er am Wochenende. Auch der Kanzlerkandidat der Partei, Frank-Walter Steinmeier, wollte staatliche Unterstützung nicht ausschließen. Schließlich gehe es um über 50.000 Arbeitsplätze.

Steinbrück sagte nun, natürlich müsse man die Jobs bei Arcandor berücksichtigen. Sollten die Probleme des Unternehmens aber nicht aus der gegenwärtigen Krise herrühren und hinter dem Konzern noch Aktionäre stehen, die zur Gesundung herangezogen werden könnten, "kommt eine Garantie nicht infrage".

Zudem müsse nach EU-Beihilferecht geprüft werden, ob Arcandor vor dem Stichtag 1. Juli 2008 noch ein solventes Unternehmen war oder schon tief in Schwierigkeiten gesteckt habe. Gelte Letzteres nicht, könnte der Konzern keine Sonderbehandlung erfahren, da diese nur für Firmen gilt, die durch die Finanzkrise in Probleme geraten sind.

Auch Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) plädierte für eine sachliche Abwägung der Arcandor-Forderung. "Wer jetzt schon mit Hunderten von Millionen winkt, führt einen durchsichtigen Wahlkampf auf dem Rücken der Steuerzahler und der Beschäftigten von Arcandor", sagte er der Bild-Zeitung.

"Das Gebot vernünftiger Prüfung und Differenzierung gilt für alle Beteiligten - Politiker wie Unternehmen. Wir beurteilen die Anträge aller Unternehmen, ob groß ob klein, nach den gleichen objektiven Kriterien." Die Prüfung des Antrages von Arcandor laufe im Moment auf fachlicher Ebene und werde nächste Woche fortgesetzt. Der Ausgang der Prüfung von Staatsbürgschaften über 650 Millionen Euro und einen staatlichen Kredit über 200 Millionen Euro für den angeschlagenen Konzern sei noch offen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte die Hoffnungen auf eine Intervention des Staates ebenfalls. "Ich bleibe dabei, dass wir im Fall von Opel einen besonderen Fall hatten", sagte sie in Berlin. "Ich sehe keinen zweiten solchen Fall". Sie habe die feste Absicht, dass das Verfahren für Staatsbürgschaften eingehalten werde. Dies gelte auch für Arcandor.

Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser warnte mit Blick auf Opel und Arcandor vor einer unkontrollierten Ausweitung der Staatshilfen. "Es scheint eine Politisierung in die Wirtschaft einzuziehen, die letztlich wirtschaftliche Maßstäbe aushöhlt", sagte er der Berliner Zeitung. Die Politik sollte die im Finanzsektor notwendigen staatlichen Rettungsmaßnahmen nicht auf die Realwirtschaft übertragen. "So gesehen ist die Opel-Lösung ein Sündenfall, der politischer Opportunität geschuldet war. Schwamm darüber - aber bloß nicht noch mal."

Unterdessen teilte Arcandor mit, es gebe eine "Handvoll" Interessenten für seine Premium-Kaufhäuser in Berlin, Hamburg und München. Sie kämen "sowohl aus dem Inland wie auch aus dem Ausland", sagte ein Sprecher. "Unter Druck werden wir allerdings nicht verkaufen." Das Unternehmen zählt die Traditionshäuser KaDeWe, Alster-Haus und Oberpollinger nicht mehr zum Kerngeschäft.

Die Entscheidung über staatliche Hilfen könnte am Montag fallen. An dem Tag trete der Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds zusammen, um einen Beschluss zu treffen, hieß es in Finanzkreisen. Dem Gremium gehören die Staatssekretäre der beteiligten Ministerien an. Zuvor wird mit einer Empfehlung des Lenkungsrates gerechnet, dem prominente Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften angehören. Der Termin für dessen Sitzung ist jedoch noch unklar.

ZEIT ONLINE, rf, dpa, Reuters

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