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Wirtschaftskrise: Wie viel Export hätten Sie denn gern?

Das Institut der deutschen Wirtschaft setzt weiter auf Nachfrage aus aller Welt. Andere Ökonomen sind da skeptisch.

Berlin - Land auf, Land ab zerbrechen sich die Ökonomen den Kopf darüber, was aus der Wirtschaftskrise zu lernen ist. Was muss der Staat tun? Welche Strukturen müssen aufgebrochen werden, damit es wieder aufwärtsgeht? Eine simple Antwort hat nun das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gegeben: „Weiter so.“ Unter diesem Slogan könnte man die Empfehlungen des arbeitgebernahen Instituts zusammenfassen. Gemeint sind aber nicht die Finanzmärkte, die die Krise verursacht haben, sondern die starke Exportorientierung der deutschen Wirtschaft.

„Die Finanzmärkte haben die Realwirtschaft zwar in die Krise gestürzt, aber die Innovationskreisläufe der Realwirtschaft sind weiterhin intakt“, sagte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin. Die weltmarktorientierte Industrie sei auch künftig eine wichtige Säule der deutschen Volkswirtschaft. 2008 machten die Exporte fast die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus. „Deutschland ist für die Zeit nach der Krise gut aufgestellt“, sagte Hüther.

Mit dieser Beurteilung sind arbeitnehmernahe Ökonomen nicht einverstanden. „Wir wollen die Exportorientierung nicht zurückdrehen. Aber wichtiger, als den Export zu stützen, ist es, den Binnenmarkt auszubauen“, sagte DGB-Chefökonom Dierk Hirschel dem Tagesspiegel. 80 Prozent der Arbeitsplätze hingen am Binnenmarkt. Der Export werde dagegen mit dem Problem zu kämpfen haben, dass etwa die Nachfrage aus den USA wegbrechen werde. Die USA hatten jahrelang hohe Importüberschüsse erwirtschaftet, wollen sich von diesem Modell aber verabschieden.

Auch Gustav Horn, Direktor des arbeitnehmernahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), möchte die deutsche Binnennachfrage durch höhere Löhne und mehr staatliche Investitionen stärken. Die Weltwirtschaft werde in den nächsten Jahren nicht wieder so kräftig wachsen wie vor der Krise, sagte Horn vor wenigen Tagen. Ein „Weiter so“ stehe nicht zur Debatte, da die USA, Großbritannien und Spanien gezwungen seien, ihre Leistungsbilanzdefizite – also Importüberschüsse – abzubauen.

Das Institut der deutschen Wirtschaft betonte dagegen, dass es weltweit und auch in Deutschland keine Überinvestitionen gebe. Die Investitionsquote in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften sei in den letzten Jahren niedriger als in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gewesen, sagte Hüther. Mit anderen Worten: Der Weltmarkt könne noch mehr Investitionen vertragen.

Als konjunkturgefährdend stuft der Ökonom allerdings die Kreditklemme und die damit verbundenen Ertragsprobleme der Unternehmen ein. Auch die Gefahr protektionistischer Alleingänge der Regierungen sei nicht gebannt. Der konjunkturelle Tiefpunkt ist dagegen laut Hüther bereits erreicht: „Der Erholungsprozess läuft an.“ Dies gelte aber nicht für den Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen werde steigen. Hüther rechnet damit, dass im Winter mehr als vier Millionen Menschen arbeitslos sein werden. Daniel Gratzla

Daniel Gratzla

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