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Lichtblick. Nach einem harten Winter soll die deutsche Wirtschaft wieder wachsen. In der Euro-Zone sieht es düsterer aus.

© picture-alliance/ dpa

Wirtschaftswachstum: Europa fehlt Feuerkraft

Für das kommende Jahr erwartet die OECD, dass das Wachstum im Euro- Raum von zwei Prozent auf 0,2 Prozent sinkt. Für Ende 2011 und die ersten Monate 2012 sei sogar eine "milde Rezession" zu erwarten.

Berlin - Deutschland steht vor einer kurzen Rezession. Nach einer Schwächephase von zwei Quartalen, in denen die deutsche Wirtschaft schrumpfe, gehe es nach dem Winter schon wieder aufwärts, schätzt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). 2013 sei dann mit einem robusten Wachstum (1,9 Prozent) zu rechnen, nach einem Plus von 0,5 Prozent im kommenden Jahr, teilte die OECD am Montag mit. Gestützt wird die deutsche Wirtschaft vom privaten Konsum, der sich dieses Jahr vor Weihnachten trotz Schuldenkrise sehr stabil präsentiert, wie die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Montag mitteilte. Entgegen kommt den Verbrauchern, dass die Preise für Waren und Dienstleistungen zuletzt langsamer gestiegen sind als in den Vormonaten – im November um durchschnittlich 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Im Oktober lag die Jahresteuerung bei 2,5, im September gab es mit 2,6 Prozent noch ein Drei-Jahres-Hoch.

Ungeachtet der moderaten Wirtschaftsabschwächung in Deutschland warnte die OECD davor, die Gefahren der Euro-Schuldenkrise zu unterschätzen. „Die Aussichten verbessern sich nur dann, wenn schnell und entschieden gehandelt wird”, sagte Chef-Volkswirt Pier Carlo Padoan. Davon geht die Organisation allerdings nicht aus. In ihrem Wirtschaftsausblick unterstellt sie ein „Szenario der halbherzigen Schritte“ der Politiker im Euro-Raum. Die OECD fordert: „Um die Ansteckungsgefahr in der Euro-Zone einzudämmen, muss der Europäische Rettungsfonds erheblich aufgestockt und die Europäische Zentralbank (EZB) mit einbezogen werden.“ Diese deutlich erhöhte „Feuerkraft“ müsse mit Reformen einhergehen, die „fahrlässiges Verhalten“ unterbinden.

Für das kommende Jahr erwartet die OECD, dass das Wachstum im Euro- Raum von zwei Prozent auf 0,2 Prozent sinkt. Für Ende 2011 und die ersten Monate 2012 sei sogar eine „milde Rezession“ zu erwarten. 2013 ist dann den Prognosen zufolge mit einem Plus des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,4 Prozent zu rechnen. Das verhaltene Wachstum zum Jahresende 2011 macht sich nach der OECD-Analyse auf dem Arbeitsmarkt noch nicht bemerkbar: die Arbeitslosenquote befindet sich auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten. „Dieser Trend wird auch bis ins Jahr 2013 anhalten, allerdings merklich gebremst durch das langsamere Wachstum 2012“, schreiben die Ökonomen.

Kritiker einer expansiveren Geldpolitik der EZB, einschließlich der Ausweitung des Programms zum Aufkauf von Staatsanleihen, hatten davor gewarnt, die Notenbank bringe die Preisstabilität in Gefahr, verstoße gegen das Verbot der Staatsfinanzierung und untergrabe den Reformwillen in den Schuldenstaaten. Aktuelle Daten zeigen jedoch, dass die Maßnahmen der EZB zuletzt nicht zu einer beschleunigten Ausweitung der Geldmenge und damit zu einer größeren Inflationsgefahr geführt haben. Die für die Zinspolitik relevante Geldmenge M3 (Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit bis zu zwei Jahren Laufzeit) erhöhte sich nach den am Montag vorgelegten Daten der EZB im Oktober nur um 2,6 Prozent und damit weniger stark als im Vormonat (3,0 Prozent). Fachleute hatten damit gerechnet, dass sich das M3-Wachstum wie in den Vormonaten weiter beschleunigen würde. Sie sehen deshalb Spielraum für weitere Zinssenkungen im Euroraum. Auch die OECD empfiehlt der EZB, den Leitzins – aktuell bei 1,25 Prozent – zu senken.

Trotz der Rezessionssorgen in der Euro-Zone haben die Banken im Oktober allerdings mehr Kredite an Unternehmen und private Haushalte vergeben. „Anzeichen für eine Kreditklemme liegen nicht vor“, meinte Michael Schubert, Volkswirt bei der Commerzbank.

Wenige Stunden vor Veröffentlichung des OECD-Berichts hatte die Ratingagentur Moody's gewarnt, dass die Kreditwürdigkeit aller europäischen Staaten durch die Schuldenkrise wanke. Auch ein „positives Szenario“ wie der Bankrott nur eines Landes, nämlich Griechenlands, bedrohe die Bonität der europäischen Länder, schrieb Moody's. Die US-Agentur kritisierte insbesondere die „Schwäche der Institutionen“ im Euro-Raum, was eine Lösung verhindere. mit dpa

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