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Im Maschinenbau sind die Auftragsbücher voller als erwartet.

© dpa

Wirtschaftswachstum: Maschinenbau verbucht zwei Drittel mehr Aufträge

Der Maschinenbau ist die Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft - und boomt überraschend. Deutschland gilt inzwischen als Motor der Euro-Zone.

Die wichtigste Industriezweig der deutschen Wirtschaft verbuchte im ersten Halbjahr ein Auftragsplus von 32 Prozent, wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mitteilte. Bei der Inlandsnachfrage lag das Plus demnach bei 27 Prozent, bei der Nachfrage aus dem Ausland betrug es sogar 34 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009.

Zuletzt wurden die Zuwächse immer größer. So verbuchte die Branche im Juni 62 Prozent mehr Aufträge als im Vorjahresmonat, teilte der VDMA mit. Das Inlandsgeschäft legte demnach mit 67 Prozent überdurchschnittlich zu, bei der Auslandsnachfrage gab es ein Plus von 60 Prozent zum Vorjahresniveau.

Im Dreimonatsvergleich, der weniger stark von saisonalen Schwankungen beeinflusst ist, ergab sich für den Zeitraum von April bis Juni 2010 ein Plus von 53 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Bei den Inlandsaufträgen war es ein Plus von 51 Prozent und bei den Auslandsaufträgen ein Plus von 54 Prozent.

Schon in den Monaten zuvor hatte es ähnlich starke Sprünge gegeben. Die starken Zuwächse gingen einerseits auf die extrem niedrige Vorjahresbasis zurück, erklärte der VDMA. Zum anderen zeugten sie aber von einer dynamischen Entwicklung. Besonders erfreulich sei der Zuwachs im Inlandsgeschäft.

Bei den jetzigen Zuwachsraten müsse daher auch der Basiseffekt berücksichtigt werden, sagte Wortmann. "Der Juni 2009 war einer der schlechtesten Monate des vergangenen Jahres." Die Auslastung der Hersteller liege jedoch inzwischen wieder bei 83 Prozent nach einem Tiefpunkt von 69 Prozent vor einem Jahr. Wortmann bekräftigte die jüngst angehobene Prognose des VDMA, wonach das Produktionsvolumen in diesem Jahr um drei Prozent zulegen wird.

Die deutschen Maschinenbauer liefern viele Branchen im In- und Ausland zu, darunter der Automobilindustrie. Rund zwei Drittel der Produkte gehen in den Export. Im vergangenen Jahr machte der Maschinenbau hierzulande einen Umsatz von rund 160 Milliarden Euro und beschäftigte fast eine Million Mitarbeiter.

Parallel zu den deutlichen Zugewinnen im Maschinenbau, legte auch das KfW-Ifo-Mittelstandsbarometer zu. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verbesserte sich im Juli so stark wie noch nie, wie die KfW-Bankengruppe zu ihrem gemeinsam mit dem Münchner Ifo-Institut erhobenen Mittelstandsbarometer mitteilte. Das Barometer stieg um 7,9 Zähler auf 21,1 Punkte, so kräftig wie noch nie seit Beginn der Datenerhebung 1991. "Der starke Anstieg des Geschäftsklimas im Juli bestätigt, dass der aktuelle Aufwärtstrend weiter intakt ist", sagte KfW-Chefvolkswirt Norbert Irsch. "Die konjunkturelle Abkühlung dürfte sich damit weiter ins zweite Halbjahr verschieben als bislang von vielen erwartet." Deutschland werde im Gesamtjahr Wachstumslokomotive in Europa sein.

Bei den Großunternehmen legte das Geschäftsklima ebenfalls spürbar zu, der Anstieg lag bei 6,7 Zählern auf 22,4 Indexpunkte. Die krisenbedingten Unterschiede seien damit kaum noch feststellbar, schrieben die Experten. Die Großbetriebe mussten im Krisenjahr 2009 deutlich stärkere Einbrüche verkraften als die kleineren und mittelständischen Unternehmen.

Das Geschäftsklima besserte sich im Verarbeitenden Gewerbe, im Einzelhandel und bei den Großhändlern. In diesen drei Bereichen liege das Barometer inzwischen in "einem konjunkturell sehr komfortablen Bereich zwischen 20 und 30 Indexpunkten", schrieben die Experten. Lediglich der Bau hinke der Entwicklung hinterher. Auch die Aussichten für die Beschäftigung seien günstig. "Der aktuell erfreulich positiven Lage am deutschen Arbeitsmarkt dürfte damit bis auf Weiteres keine Korrektur drohen", sagte Irsch.

Die deutsche Wirtschaft kommt mit deutlich mehr Schwung aus der Krise als noch vor wenigen Monaten angenommen. Für das Frühjahrsquartal halten manche Experten inzwischen ein Wachstum von anderthalb Prozent für möglich.

Die positiven Signale aus der deutschen Industrie haben auch der Euro-Zone zu einem überraschend starken Plus verholfen. Die Firmen erhielten deutlich mehr Aufträge und fuhren ihre Produktion nach oben, wie aus einer Markit-Umfrage unter etwa 3000 Unternehmen hervorgeht. Von einer Wachstumsverlangsamung könne keine Rede mehr sein, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. "Ganz offensichtlich gehen die Impulse jedoch fast ausschließlich auf den Boom in Deutschland zurück." In den anderen Ländern fielen die Wachstumsraten dagegen überwiegend geringer aus als noch im Juni.

Der Markit-Einkaufsmanagerindex stieg um 1,1 Punkte auf 56,7 Zähler und damit stärker als in einer ersten Schätzung angegeben. Das Barometer liegt bereits den zehnten Monat in Folge über der 50-Punkte-Marke und signalisiert Wachstum. Mit Abstand führend war dabei die Industrie in Deutschland, wo die Produktion kräftig gesteigert wurde, auch in Italien und Spanien zog das Wachstum erneut an. In Frankreich, den Niederlanden, Irland und Österreich fiel das Plus bei der Produktion dagegen geringer aus, und Griechenlands Firmen stellten als einzige in der Euro-Zone weniger als im Vormonat her.

Angesichts der anziehenden Nachfrage stockten die Firmen den dritten Monat in Folge ihre Belegschaften auf, das Stellenplus war so groß wie seit Mai 2008 nicht mehr. Allerdings waren die Zuwächse beschränkt auf Deutschland, die Niederlande und Italien; in Spanien und Irland gingen immerhin weniger Jobs verloren als im Vormonat. In Frankreich und Griechenland wurden dagegen mehr Arbeiter entlassen. Der ungleiche Aufschwung dürfte sich über den Arbeitsmarkt auf den privaten Konsum auswirken, "was die Ungleichgewichte nochmals verstärkt", sagte Williamson.

Die Wirtschaft der Euro-Zone hat im Frühjahr deutlich an Schwung gewonnen, Experten rechnen mit einem Plus von 0,6 Prozent. Der Zuwachs wäre damit dreimal so stark wie zum Jahresauftakt. In der zweiten Jahreshälfte wird jedoch ein langsameres Wachstumstempo vorhergesagt. (Zeit online/dpa/Reuters/AFP)

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