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Wirtschaft: Wirtschaftweise legen Herbstgutachten vor - die rot-grüne Finanzpolitik wird teils gut geheißen, teils Kritisiert - die Rente mit 60 könnte zum Konjunkturkiller werden

Die führenden Wirtschaftsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten das Sparpaket der Bundesregierung als Anfang einer richtigen Wirtschaftspolitik gelobt. Gleichzeitig äußerten die Experten die Befürchtung, dass die Spar- und Steuerpolitik der Regierung das Wachstum in Deutschland dämpfen und Konjunkturausgaben von 16 bis 17 Milliarden Mark verhindern werde.

Die führenden Wirtschaftsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten das Sparpaket der Bundesregierung als Anfang einer richtigen Wirtschaftspolitik gelobt. Gleichzeitig äußerten die Experten die Befürchtung, dass die Spar- und Steuerpolitik der Regierung das Wachstum in Deutschland dämpfen und Konjunkturausgaben von 16 bis 17 Milliarden Mark verhindern werde. Dies entspreche 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, schreiben die Institute in ihrem Gutachten, das am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde. Die Einsparungen würden zudem "geringer ausfallen" als von der Regierung beziffert. Die Regierung Schröder rechnet bisher mit 30 Milliarden Mark.

"Das Programm enthält eine Reihe von Maßnahmen, die keine echten Einsparungen sind, weil sie als Differenz zu unrealistisch hohen Ausgangwerten ermittelt wurden", heißt es in dem Gutachten. Dazu zählen die Wissenschaftler unter anderem Ausgaben, die vermutlich ohnehin nicht im genannten Umfang getätigt worden wären - etwa Zuschüsse an die Treuhand-Nachfolgerin Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), die sich seit Jahren selbst finanziert. Ähnlich bewerten die Institute Kürzungen solcher Mittel, die zwar im Finanzplan enthalten sind, aber in der Vergangenheit nicht voll abgerufen wurden.

Neben diesen "Luftbuchungen" finden die Fachleute Maßnahmen, die zwar zu Einsparungen im Bundeshaushalt, nicht aber beim Staat führen. Denn Ausgaben würden nur auf Länder-, Gemeinde- oder Sozialversicherungshaushalte überwälzt. Beispiel ist die beabsichtigte Reduzierung der Bemessungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitslosenhilfe-Empfänger (4,5 Milliarden Mark) und das Wohngeld für Sozialhilfeempfänger (2,5 Milliarden Mark), das künftig die Gemeinden übernehmen müssen. Geplante Einsparungen im Zivildienst führen zu Mehrbelastungen bei Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, während die Kürzungen bei der Bahnpolizei als Ausgaben auf die Deutsche Bahn zukommen. Folglich können die Einsparungen laut Gutachten nur noch mit knapp 21 Milliarden Mark veranschlagt werden.

Die Grundprobleme der deutschen Volkswirtschaft sind nach Auffassung der Institute keineswegs gelöst. Die Experten benennen zwei Hauptprobleme: Der Trend des Wirtschaftswachstums ist niedriger als in früheren Jahrzehnten, und die Arbeitslosigkeit bleibt hartnäckig hoch. Die Forscher plädieren für eine Strategie, die sie selbst als "offensiv" bezeichnen. Dahinter verbirgt sich eine Strategie für eine größere Wachstumsdynamik. Dabei kommt der Finanzpolitik eine wesentliche Aufgabe zu, die Weichen für mehr Wachstum zu stellen. "Die Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg", heißt es im Gutachten. Aber auch: "Das Sparpaket ist erst der Anfang."

Kritisch äußern sich die die Wirtschaftswissenschaftler zur Rente mit mit 60. Die Gewerkschaften nähmen in Kauf, dass alle Beschäftigten einen Beitrag leisten müssten, während nur vergleichsweise wenige von dieser zeitlich begrenzten Maßnahme profitierten. Nach den bisherigen Erfahrungen würden die Arbeitsplätze der aus Altersgründen vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmer allerdings noch nicht einmal zur Hälfte neu besetzt - mit der Folge, dass die unmittelbaren Beschäftigungseffekte "nicht groß" sein dürften, heißt es im Gutachten. Das liegt daran, dass die Rente mit 60 die Arbeitskosten erhöht.

Durch die Beiträge für die vorgezogene Rente würde daher ein Teil des Produktivitätsanstiegs ausgeschöpft. Er könnte nicht mehr - entgegen den Absprachen der Tarifparteien im Bündnis für Arbeit - neue Arbeitsplätze schaffen.

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