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Wirtschaft: Wohlstand für fast alle

Wie sieht die Republik im Jahr 2020 aus? Die Deutsche Bank ist in einem Langfrist-Szenario optimistisch

Berlin - Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Deutschen werden reicher – was in den nächsten ein, zwei Jahren passiert, glauben die meisten professionellen Prognostiker heute relativ sicher zu wissen. Doch was kommt dann? Wie sieht die Bundesrepublik im Jahr 2020 aus, was haben die Globalisierung und der immer rasantere Strukturwandel bis dahin aus dem Land und seinen Bürgern gemacht? Die Deutsche Bank hat einen Blick in die Zukunft riskiert – und ist guter Dinge. „Deutsche Kreativität, wissensintensive Dienstleistungen, Spitzentechnologien und innovative Geschäftsmodelle sind dann Exportschlager“, ist Norbert Walter, Chefvolkswirt des Instituts, überzeugt. Allerdings müssten sich Politik, Firmen und Beschäftigte anstrengen und flexibler werden.

„Expedition Deutschland“ hat die Bank ihr Szenario genannt, das sie am Montag in Berlin vorstellte. Es diene der „strategischen Frühaufklärung“, sagte Walter – des eigenen Hauses, aber auch der übrigen Wirtschaft. Zwar wisse man, dass Prognosen über eine Spanne von 13 Jahren „eine Zumutung“ seien. Eine Fortschreibung der wichtigen Trends – Klimawandel, Energieverknappung, Alterung , Globalisierung – schaffe aber ein recht zuverlässiges Bild von der Zukunft. Ein solcher Blick sei wichtig, weil sich in den kommenden beiden Dekaden Deutschlands langfristige Entwicklung entscheide.

Für die Bürger sieht die Deutsche Bank ein „Comeback der Mittelschicht“. Viele hätten 2020 erkannt, wie wichtig es sei, in der neuen, wissensbasierten Wirtschaft viel Geld für bessere Bildung auszugeben – und wie groß das Risiko, abzustürzen. Der „untere Rand“ verliere dagegen den Anschluss: Wer nicht über Schul- und Universitätsabschlüsse verfüge, müsse damit rechnen, abgehängt zu werden. „Die Zweiteilung des Arbeitsmarktes, wie es sie heute schon gibt, wird bleiben“, warnte Walter. Zugleich würden die Einkommen, wie schon in den vergangenen Jahren, immer ungleicher verteilt. Der Staat, so orakelt die Bank, müsse sich wegen seiner Geldnot weiter zurückziehen und soziale Sicherungen abbauen. Für junge Menschen sieht Walter dennoch große Chancen, weil viele Ältere in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen.

Eine völlig neue Arbeitsweise sieht die Bank auf die Unternehmen zukommen – die sogenannte „Projektwirtschaft“. Unternehmen täten sich zeitweise zusammen, um Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die sie im Alleingang nicht mehr bewältigen könnten. Denn die Lebensdauer von Erzeugnissen werde immer kürzer, Wissen und Vermarktungsmacht würden für den Erfolg eine immer wichtigere Rolle spielen, zumal die Kunden anspruchsvoller würden. Die Projektwirtschaft werde vor allem dem beweglichen Mittelstand nutzen – und eine neue Welle von Existenzgründungen auslösen.

Der deutschen Wirtschaft traut die Bank dabei viel zu. Zwar verliere sie schon 2009 den Titel des Exportweltmeisters an China. „Die Skepsis, dass Deutschland es nicht schaffen kann, ist unbegründet“, findet Chefökonom Walter. Angesichts der größeren Rolle von Wissen in der Wirtschaft werde das Markenzeichen „Created in Germany“ an die Stelle des alten „Made in Germany“ rücken. Schon heute seien Produkte rund um die Themen Sicherheit und Qualität begehrt. „Deutschland wird zum Magnet für talentierte Migranten“, erwartet Walter. Zu rechnen sei auch mit „massiven Auslandsinvstitionen in deutsche Innovatoren“.

Allerdings sei auch eine Reihe von Veränderungen nötig. Unternehmen und Beschäftigte müssten mehr Geld in Weiterbildung stecken als heute noch. „Das muss das Megathema der nächsten Tarifrunden sein.“ Bildung dürfe zudem nicht mehr allein in der Obhut des Staates an unterfinanzierten Hochschulen stattfinden. „Wissen gedeiht am besten im privaten Umfeld.“

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