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Wirtschaft: Wohnen, wo die Amerikaner wachten

Erstmals sprechen die Investoren über ihre Pläne für das ehemalige US-Hauptquartier an der Clayallee

Wie sich wohl die amerikanischen Soldaten fühlten, die sich hier für ihre Vergehen zu verantworten hatten? Man müsste nur eine Putzkolonne losschicken, und schon wäre der Gerichtssaal im Haus 8 des ehemaligen US-Hauptquartiers an der Zehlendorfer Clayallee wieder funktionsfähig: Einmal den Staub vom rötlich- braunen Teppich saugen und das heruntergefallene Pappschild mit der Aufschrift „Do not disturb“ (Bitte nicht stören) an der gepolsterten Tür befestigen – und schon könnte der Militärankläger mit seinem Plädoyer beginnen.

„Es sieht aus, als ob die Amerikaner soeben erst ausgezogen wären“, sagt Erik Rossnagel, Chef der Nürnberger Firma Terraplan, während er die beiden Telefonapparate begutachtet, die seit 17 Jahren ungenutzt in einem Nebenraum stehen. Kurz nach Kriegsende hatten die US- Streitkräfte die zwischen 1935 und 1938 für das Luftgaukommando III errichtete Verwaltungs- und Kasernenanlage übernommen. 1994 zogen sie ab. Seither ist das 5,6 Hektar große Areal zwischen Clayallee, Saargemünder Straße und Bitscher Straße weitgehend ungenutzt. Pläne, auf dem Gelände den Bundesnachrichtendienst oder die Freie Universität anzusiedeln, scheiterten – und jetzt wird aus dem früheren US-Hauptquartier ein Viertel mit etwa 230 Wohnungen.

Neue Eigentümerin der denkmalgeschützten Liegenschaft ist eine Gesellschaft, an der die Prinz von Preussen Grundbesitz AG aus Bonn und die Terraplan GmbH aus Nürnberg zu je 50 Prozent beteiligt sind. Die beiden Unternehmen setzten sich mit einem Gebot von gut 15 Millionen Euro in einer Ausschreibung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) durch. Sowohl die Prinz von Preussen AG als auch die Terraplan sind darauf spezialisiert, Baudenkmäler in Wohnhäuser umzuwandeln. Die Wohnungen verkaufen sie dann einzeln an Kapitalanleger und Eigennutzer, die dabei dank der Denkmalschutz-Abschreibung von kräftigen Steuervorteilen profitieren.

Dieses Modell wollen die Investoren auch an der Clayallee umsetzen. Laut Terraplan-Chef Rossnagel werden in den sieben denkmalgeschützten Bestandsgebäuden etwa 200 Wohnungen entstehen – mit sehr unterschiedlichen Größen. Im Gebäude an der Ecke Clayallee/Saargemünder Straße sind kleine Apartments von 40 bis 50 Quadratmeter Größe geplant, während die Wohnungen im Inneren des Areals durchaus 150 Quadratmeter Wohnfläche aufweisen können.

Hinzu kommen etwa 30 Neubau-Wohneinheiten im nördlichen Teil des Areals. Die Planung sieht dort fünf Einfamilien- oder Doppelhäuser sowie vier kleine Mehrfamilienhäuser mit jeweils vier bis sechs Wohnungen vor. Dabei soll die Höhe der Gebäude von Norden nach Süden ansteigen, so dass sich ein fließender Übergang von der bestehenden Villenbebauung am Hüttenweg zu den dreigeschossigen Militärgebäuden ergibt.

Der Bezirk legt dem Konzept keine Steine in den Weg; jedenfalls liegt den Investoren laut Rossnagel ein positiver Bauvorbescheid vor. Uwe Stäglin, Baustadtrat von Steglitz-Zehlendorf, bezeichnete bereits vor einiger Zeit gegenüber dem Tagesspiegel den geplanten Wohnschwerpunkt als „sinnvoll“. Dabei hatte das Bezirksamt ursprünglich eine Nachnutzung der Liegenschaft als Firmensitz, Botschaft, Verwaltungs- oder Wissenschaftsstandort und nur „untergeordnet“ als Wohnstandort bevorzugt.

Für Rossnagel liegt es dagegen auf der Hand, dass es sich hier angenehm wohnen lässt: Schließlich sei auch die Umgebung von Wohnhäusern geprägt, der Baumbestand schirme die Häuser von den Straßen ab, und die Höfe ermöglichten es, „wie auf dem Land“ zu leben – freilich mit U-Bahnhof vor der Haustür. Eine „gated community“, also ein geschlossenes Wohnviertel nach US-Vorbild, soll es jedoch nicht werden, betont Rossnagel. Allerdings auch kein Quartier für Menschen mit bescheidenem Einkommen: Den angestrebten Verkaufspreis beziffert er auf mehr als 4000 Euro pro Quadratmeter. Der Grund seien die hohen Kosten für den Kauf der Liegenschaft und die Lage im edlen Zehlendorf.

Nur ein Haus wird nicht zum Wohnen genutzt: der Westflügel des Hauptgebäudes, zu dem die von der Clayallee her verlaufende Erschließungsachse führt. Das riesige Foyer mit Marmorsäulen lässt den Besucher klein und unbedeutend erscheinen, im imposanten Saal im ersten Stock drehte Quentin Tarantino Szenen für seinen Film „Inglourious Basterds“. Rossnagel zufolge könnte sich hier beispielsweise eine Firmenrepräsentanz ansiedeln. Nicht tangiert von den Plänen ist das benachbarte Konsulat der USA, das in der Hand der Amerikaner bleibt.

Das Investitionsvolumen für das Gesamtprojekt beträgt laut Rossnagel etwa 70 Millionen Euro. Den Bauantrag für die ersten beiden Häuser wollen die Investoren im September einreichen, so dass dort voraussichtlich im Frühjahr 2012 die Bauarbeiten beginnen. Die ersten Bewohner könnten dann 2013 einziehen, und 2014 soll zumindest die Sanierung der Bestandsbauten abgeschlossen sein.

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