zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Wolfgang Tiefensee, Oberbürgermeister von Leipzig, fordert einen moderaten Tarifabschluss

Vor Beginn der dritten Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst hat der Oberbürgermeister von Leipzig, Wolfgang Tiefensee, einen moderaten Abschluss angemahnt. "Wir dringen darauf, dass die allgemeinen Tariferhöhungen möglichst niedrig bleiben", sagte Tiefensee dem Tagesspiegel am Freitag.

Vor Beginn der dritten Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst hat der Oberbürgermeister von Leipzig, Wolfgang Tiefensee, einen moderaten Abschluss angemahnt. "Wir dringen darauf, dass die allgemeinen Tariferhöhungen möglichst niedrig bleiben", sagte Tiefensee dem Tagesspiegel am Freitag. Im Haushaltsansatz gehe die Stadt Leipzig von einer Tariferhöhung von einem Prozent aus. Das entspreche rund 5,5 Millionen Mark in der Kernverwaltung, sagte das Stadtoberhaupt.

Sollte der Tarifabschluss über dieser Schwelle von einem Prozent liegen, werde das die Stadt Leipzig vor schwere Probleme stellen. "Wir werden Teilzeitmodelle ausweiten müssen. Ein Stellenabbau wäre trotzdem unvermeidbar", sagte Tiefensee. Darüber hinaus müsse in diesem Fall der Katalog der kommunalen Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden.

Tiefensee sprach sich zudem gegen Tarifabschlüsse in gleicher Höhe für Ost- und Westdeutschland aus. "Gleichen Lohn für gleiche Arbeit nach zehn Jahren des Zusammenwachsens zu fordern, ist zwar verständlich", sagte das Stadtoberhaupt. Mieten, Gebühren, Preise seien schließlich genau so hoch wie im Westen. Er wies darauf hin, dass in manchen Bereichen des öffentlichen Dienstes wegen des Lohngefälles ein "Brain-drain", ein Ausverkauf an guten Leuten, stattfinde.

"Dennoch", mahnte Tiefensee, "die Haushaltlage ist dramatisch." Während die meisten Rathauskassen in Deutschland Zuwächse verzeichneten, treffe für die strukturschwachen Gebiete im Osten Deutschlands das Gegenteil zu. "Ich warne daher davor, durch hohe Zielmarken und untragbare weitere Belastungen auf lange Sicht finanzielle Spielräume noch weiter zu verengen und Arbeitsplätze zu gefährden", sagte Tiefensee.

Die Stadt Leipzig sei seit Jahren dabei, bei den laufenden Kosten der Verwaltung zugunsten von Investitionen zu sparen, um so die Wirtschaft voranzubringen. Sein Ziel bleibe, weiter zu investieren, zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen, aber dennoch den Anteil der Personalkosten an den Verwaltungskosten auf maximal 30 Prozent zu halten, betonte das Stadtoberhaupt.

Tiefensee wies den Vorwurf zurück, dass die öffentlichen Einrichtungen in den Neuen Bundesländern mehr Mitarbeiter beschäftigten als die alten Bundesländer. "Auf Leipzig trifft das nicht zu", sagte er. Die Stadt liege - trotz der Ost-Besonderheiten, wie beispielsweise der hohen Zahl der Erzieherinnen, im bundesdeutschen Durchschnitt. 1989 hätte die Stadt 22 000 Erzieherinnen beschäftigt, jetzt seien es noch 9000. Auch im Jahr 2000 würden rund 400 Stellen abgebaut. Dennoch drohe bei einem überdurchschnittlichen Tarifabschluss ein weiterer Verlust von hunderten Arbeitsplätzen in der Verwaltung, warnte Tiefensee. Mit dem Personalrat sei schon jetzt für die laufende Haushaltkonsolidierung ein Sozialplan vereinbart, der den Stellenabbau abfedere. Geplant seien weitere Ausgründungen und Ämterzusammenlegungen. "Trotzdem steht uns das Wasser bis zum Hals", sagte der Oberbürgermeister.

Bei der Privatisierung nehme Leipzig eine Vorreiterrolle ein.1993 habe die Stadt als erste in Deutschland eine Beratungsgesellschaft zur strategischen Beteiligungssteuerung, die BBVL, gegründet. Die Leipziger Verkehrsbetriebe seien bundesweit das erste Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs, dass sich mit seinen Tochterunternehmen für den europäischen Wettbewerb fit gemacht habe, betonte Tiefensee. Auch Krankenhäuser seien in Lipzig bereits privatisiert worden.

Ein moderater Abschluss sei auch im Sinne der Ost-West-Angleichung geboten, betonte der Oberbürgermeister. Dieser komme auch den Neuen Bundesländern zugute. Tiefensee bestritt, dass damit die Lohnschere weiter auseinandergehe. Eine Ost-West-Angleichung sei vielmehr wichtig für die Standortattraktivität und für den selbsttragenden Aufschwung in den neuen Bundesländern.

Zur Startseite