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In Flammen. Randale und Proteste bestimmten am Mittwoch das Straßenbild in Athen. Die neuen Sparpläne stoßen auf Protest und sind auch im Regierungslager umstritten. Foto: rtr

© REUTERS

Wirtschaft: Wut und Tränengas

Der Widerstand gegen die Sparpläne steigt

Griechenland droht im Chaos zu versinken. Tausende Demonstranten belagerten am Mittwoch das Parlamentsgebäude in Athen, hinter dessen Mauern die 300 Abgeordneten mit den Beratungen über das neue Sparprogramm der sozialistischen Regierung begannen. Immer wieder setzte die Polizei Tränengas ein, um den Politikerlimousinen die Zufahrt zu ermöglichen. Die Autos wurden mit Steinen und Orangen beworfen.

Die griechischen Gewerkschaften hatten zu einem Generalstreik aufgerufen. Proteste wurden auch aus anderen Städten gemeldet. Auf der Insel Kreta und im mittelgriechischen Lamia besetzten Demonstranten die Gebäude der Provinzverwaltung. In Athen versuchten Polizeikräfte, mit Sperrgittern und quer gestellten Mannschaftswagen die Besetzung des Parlamentsgebäudes zu verhindern. Während sich die große Mehrheit der Demonstranten friedlich verhielt, lieferten sich Rechtsradikale und vermummte Chaoten wilde Straßenschlachten. Immer wieder flogen Steine und Molotowcocktails gegen die Polizei, die mit Tränengasgranaten antwortete.

Die Randalierer zertrümmerten mit Steinwürfen und Vorschlaghämmern zahlreiche Schaufenster. Der Syntagmaplatz und die umliegenden Straßen glichen einem Schlachtfeld. Mehrfach versuchten sich Krankenwagen einen Weg durch die Fronten zu bahnen. „Verjagt die Verräter, steckt die Diebe ins Gefängnis“, skandierten Demonstranten auf dem Syntagmaplatz und reckten ihre geballten Fäuste. „Ich habe keine Schulden gemacht – warum soll ich jetzt bezahlen?“, sagte die 29-jährige Verkäuferin Dimitra Donta, die mit einer Nationalflagge an der Kundgebung teilnahm. So denken viele Griechen. Seit 20 Monaten folgt ein Sparprogramm auf das nächste, jedes drakonischer als das vorangegangene. Renten und Gehälter von Staatsdienern wurden drastisch gekürzt, Steuern massiv erhöht. Aber die Entbehrungen helfen nicht, die Schulden wachsen weiter. Ende 2011 sollen es 158 Prozent der Wirtschaftsleistung sein, 2012 sogar 166 Prozent.

Die Massenproteste gegen seinen Sparkurs bringen den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in Zugzwang. Hieß es zunächst, der Sozialist strebe die Bildung einer Einheitsregierung gemeinsam mit der konservativen Opposition an und sei auch zum Rücktritt bereit, so stellte der Premier am Mittwochabend klar, dass er im Amt bleiben wolle, auch wenn er nicht an seinem Posten hänge. Er werde die Regierung umbilden und im Parlament die Vertrauensfrage stellen, sagte Papandreou im Staatsfernsehen. Und er werde seinen Weg fortsetzen, bekräftigte er. Über den Umfang der geplanten Regierungsumbildung äußerte er sich zunächst nicht.

Die Parlamentsmehrheit Papandreous ist wegen heftiger interner Widerstände gegen den notwendigen Sparkurs auf wenige Stimmen zusammengeschmolzen. Das Parlament soll Ende des Monats über die neue Sparrunde für die nächsten Jahre abstimmen. Papandreou will zusätzliche Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen durchsetzen, um den Haushalt um weitere 6,5 Milliarden Euro zu entlasten. Scheitert das Sparprogramm, wird es eng für Griechenland. Denn dann gerät die Auszahlung der nächsten Rate der Hilfskredite in Gefahr. Bekommt Athen nicht bis Mitte Juli die erwarteten zwölf Milliarden Euro, droht dem Land die Zahlungsunfähigkeit.

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