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Wirtschaft: Zehn Ideen für weniger Bürokratie

Der Berliner Senat will zusammen mit der Wirtschaft gegen unnötige Gesetze vorgehen. Doch nun ist erst einmal der Bund am Zug

Berlin - Die Berliner Wirtschaft und der Senat haben sich auf eine gemeinsame Linie zum Abbau von Bürokratie verständigt. Im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs stellten die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Handwerkskammer (HWK) und die Senatsverwaltung für Wirtschaft am Freitag zehn konkrete Vorschläge vor. „Eine Umsetzung würde vor allem kleine und mittlere Unternehmen deutlich entlasten“, sagte IHK-Präsident Eric Schweitzer. Nun werden die Ideen zusammen mit den Konzepten aus anderen deutschen Regionen vom Bundeswirtschaftsministerium auf ihre Realisierbarkeit hin überprüft.

Das Ministerium hatte das Projekt „Innovationsregionen“ vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Dabei ist vorgesehen, dass verschiedene Gegenden Deutschlands konkrete Vorschläge zur Entbürokratisierung entwickeln. Dabei müssen Wirtschaft und Politik zusammenarbeiten. So soll sichergestellt werden, dass es beim Bürokratieabbau nicht um parteipolitische Fragen wie zum Beispiel den Kündigungsschutz geht, sondern um Punkte, die in der gesamten Gesellschaft konsensfähig sind.

Ein Schwerpunkt der zehn Berliner Vorschläge liegt auf der Vereinfachung des Gewerberechts. So sollen Versteigerungen künftig auch an Feiertagen möglich sein. Bisher ist dies verboten. Auch soll es gewerberechtliche Erleichterungen für Grundstücks- und Wohnungsmakler sowie für Spielgeräteaufsteller geben.

Darüber hinaus fordern Senat und Wirtschaft die Einführung eines öffentlichen Gewerberegisters im Internet. Bisher müssen die Gewerbebehörden in Berlin jährlich mehr als 500000 Auskünfte schriftlich beantworten. Online könnte dieser bürokratische Aufwand entfallen.

Im Sozialrecht schlägt Berlin vor, die Abgaben für die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung an eine zentrale Einzugsstelle abzuführen. „Das wäre für die Unternehmen eine große Erleichterung“, sagte Schweitzer. Bisher müssen sie die Beiträge an die jeweilige Krankenkasse ihrer Beschäftigten entrichten.

Auch beim Handwerksrecht sehen IHK, HWK und Senat Verbesserungsbedarf. So sollte die Handwerkskammer für die Prüfungsausschüsse bei Meisterprüfungen allein zuständig sein. Bisher werden die Prüfungen gemeinsam mit dem Land organisiert. Diese Doppelarbeit könne vermieden werden, sagte HWK- Hauptgeschäftsführer Thomas Dohmen.

Darüber hinaus enthält die Berliner Liste für Bürokratieabbau auch Vorschläge zum Statistikgesetz, zum Bauneben- und Bauplanungsrecht, zum Steuerrecht, Immissionsschutzrecht, Krankenhausrecht und Arbeitsstättenrecht.

Alle Vorschläge haben jedoch gemeinsam, dass sie nicht auf Landesebene umsetzbar sind. Vielmehr betreffen sie Bundesgesetze, die geändert werden müssten. Deshalb ist nun das Bundeswirtschaftsministerium am Zug. Die IHK rechnet in den kommenden drei Monaten mit einer ersten Rückmeldung – auch unabhängig vom Wahlausgang an diesem Sonntag.

Allerdings ist Berlin in Sachen Bürokratieabbau auch auf Landesebene nicht untätig. Laut Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) wurden in den vergangenen Jahren mehr als 50 Verordnungen abgeschafft oder entscheidend vereinfacht. Nach dem ersten Entbürokratisierungsgesetz sei nun zudem ein zweites Gesetz auf dem Weg. Darüber hinaus seien in allen Senatsverwaltungen insgesamt 229 Verwaltungsvorschriften außer Kraft gesetzt worden. „Nun sind nur noch 362 in Kraft“, sagte Wolf.

IHK-Chef Schweitzer lobte diese Fortschritte ausdrücklich. „In den letzten Jahren ist einiges geschehen“, sagte er. „Unser ehrliches Kompliment an den Senat.“ Die Mentalität der Mitarbeiter in den Verwaltungen könne allerdings noch bürger- und wirtschaftsfreundlicher werden.

Dass bei der Entbürokratisierung noch viel getan werden muss, bestätigte auch Dohmen von der HWK. Derzeit sei in einem durchschnittlichen Handwerksbetrieb jeder Beschäftigte einschließlich des Unternehmers pro Jahr 70,4 Stunden mit der Erledigung bürokratischer Tätigkeiten belastet. „Die Mitarbeiter in den Betrieben brauchen wieder mehr Zeit, um sich stärker um Aufträge statt um Formulare zu kümmern“, sagte Dohmen.

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