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In Krefeld hat Thyssen-Krupp eins von fünf Edelstahlwerken hierzulande. Foto: Dirk Kruell/laif

© Dirk Kruell/laif

Wirtschaft: Zeitenwende bei Thyssen-Krupp

Der neue Konzernchef Heinrich Hiesinger will Edelstahl loswerden und in Schwellenländern investieren

Berlin - Einer der großen deutschen Traditionskonzerne wird umgebaut. Wenige Monate nach Amtsantritt hat der neue Vorstandsvorsitzende von Thyssen– Krupp, Heinrich Hiesinger, weit reichende Entscheidungen getroffen. Der Konzern will sich von Töchtern und Geschäften mit einem Umsatzvolumen von zehn Milliarden Euro und 35 000 Mitarbeitern trennen. Betroffen ist unter anderem die Edelstahlsparte mit fast sechs Milliarden Euro Umsatz und 11 000 Mitarbeitern, die Hälfte davon in Deutschland.

Edelstahl ist ein schwieriges Geschäft, weil der Grundstoff Nickel extrem stark im Preis schwankt. Frühere Verkaufsversuche waren gescheitert, auch wegen kartellrechtlicher Bedenken. Nun heißt es bei Thyssen-Krupp „alle Optionen für eine Weiterführung des Geschäfts außerhalb des Konzerns werden geprüft“. Und mit der Trennung vom Konzern solle „der europäische Marktführer im Edelstahlgeschäft eigenständig werden“. Explizit ist von „potenziellen strategischen Partnerschaften die Rede“, die zu „strukturellen Verbesserungen und Kosteneinsparungen“ führen sollten. Anfang des Jahres hatte Arcelor Mittal seinen Edelstahlbereich an die Börse gebracht. Womöglich hat Hiesinger nun eine Allianz damit im Auge.

Alles in allem will der neue Konzernchef, der im Januar Ekkehard Schulz abgelöst hatte, mit den angepeilten Verkaufserlösen die Thyssen-Krupp-Schulden von knapp sechs Milliarden Euro abtragen und Investitionen in Ingenieurbereichen tätigen. „Insbesondere auch in den Schwellenländern“ soll der Konzern wachsen. Zum Beispiel mit dem Bau von Aufzügen und Fahrtreppen, Düngemittel- oder Zementfabriken, Kurbel- und Nockenwellen. Hiesinger setzt damit ein altes Versprechen aus der Mitte des letzten Jahrzehnts um, wonach die Investitionen sich gleichmäßig auf den Stahl und den Technologiebereich verteilen sollten. Doch dann wurden die neuen Stahlwerke in Brasilien und in den USA, die beide 2010 in Betrieb gingen, mit knapp zehn Milliarden Euro viel teurer als geplant. Die Schulden stiegen unter dem Stahlmann Schulz, und die Investitionen in die Technologiesparten fielen geringer aus als ursprünglich gedacht.

Nun ist Schulz in den Aufsichtsrat gewechselt, und mit Hiesinger, den der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme aus dem Münchener Siemens-Vorstand nach Essen geholt hatte, wird ein neues Konzernkapitel aufgeschlagen. Zur Freude der Börse: Mit einem Aufschlag von mehr als acht Prozent war die Aktie am Freitag der größte Gewinner im Dax.

Neben dem Edelstahl will Thyssen- Krupp die US-Tochter Waupaca mit 3000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 900 Millionen Euro abgeben. Das Eisengussunternehmen Waupaca gehört als Hersteller von Bremsscheiben zum Bereich Autozulieferung, den Thyssen-Krupp deutlich straffen will. Neben den Verkäufen eines Spezialisten für Schweißtechnik und des Federn- und Stabilisatorengeschäfts soll das Fahrwerk-Geschäft von Bilstein und Presta Steering gebündelt werden. Für die dadurch entstehende Firma mit 6500 Mitarbeitern und 2,2 Milliarden Euro Umsatz wird eine „strategische Partnerschaft“, also zumindest ein Teilverkauf angestrebt.

Am nächsten Freitag will sich Hiesinger seine Pläne vom Aufsichtsrat billigen lassen und der Öffentlichkeit erläutern.

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