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Wirtschaft: Zeitreihen gegen Rechenfehler

Wirtschaftsnobelpreis für Robert F. Engle und Clive W. J. Granger

Berlin (mot). Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften wird in diesem Jahr an den Amerikaner Robert F. Engle und den Briten Clive W.J.Granger verliehen. Das teilte die schwedische Wissenschaftsakademie am Mittwoch in Stockholm mit. Der Preis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (1,1 Millionen Euro) dotiert.

Ausgezeichnet werden die beiden Wissenschaftler für ihre Forschungen zu Zeitreihen, mit denen volkswirtschaftliche Rechenfehler vermieden werden können. Zeitreihen – also Daten in chronologischer Reihenfolge – werden gewonnen, um formale, wissenschaftliche Hypothesen empirisch zu überprüfen. Dabei haben die erhobenen Daten, zum Beispiel Preise, Zinsen oder Börsenkurse, die Eigenschaft, im Zeitablauf zu schwanken. Diese so genannte Volatilität ist aber nicht zu allen Zeiten gleich ausgeprägt. Phasen starker Schwankungen lösen sich mit Phasen kleinerer Schwankungen ab. Robert Engle entwickelte in den 80er Jahren Methoden, die ArchModelle, die es ermöglichen, diese zeitlich variierende Volatilitätschen Modellen zu erfassen. Sie sind heute zu wichtigen Werkzeugen für Forscher und Analysten geworden.

Clive Granger widmete sich in seinen Forschungen einer zweiten Eigenschaft makroökonomischer Daten: Die Variablen schwanken nicht nur, sondern sie wachsen im Zeitablauf unsystematisch. Dabei können sich zufällige kurzfristige Störungen – etwa des Bruttoinlandsproduktes, des Konsums oder der Zinsen – auf die langfristigen Zeitreihen dauerhaft auswirken. Statistische Methoden, die dies nicht berücksichtigen, führen zu falschen Schlussfolgerungen. Granger entwickelte Methoden, die diesen Fehler vermeiden. Konkret wies er zum Beispiel nach, dass etwa die Prognosen verschiedener Analysten nicht deshalb langfristig zu den gleichen Ergebnissen führen, weil neue Informationen von allen Analysten unabhängig voneinander besser genutzt werden. Die Prognosen ähneln sich nach Granger vielmehr deshalb, weil die herrschende Meinung sich durchsetzt – auf der Basis alter Informationen. Aktuelle Informationen werden untergewichtet und Trendwenden zu spät erkannt. Granger lieferte mit seiner Forschung wichtige Erkenntnisse für das langfristige Verhältnis von Vermögen und Konsum, Wechselkursen und Preisniveau oder kurzfristigen und langfristigen Zinssätzen.

Der 60-jährige Engle lehrt an der New Yorker Universität, der neun Jahre ältere Granger war bis zu seiner Emeritierung Professor an der Universität von Kalifornien in San Diego. 40 von 51 Trägern des Wirtschafts-Nobelpreises waren Wissenschaftler an US-Universitäten oder Forschungseinrichtungen.

Im vergangenen Jahr waren der US-Ökonom Vernon Smith und der US-israelische Psychologe Daniel Kahneman ausgezeichnet worden: Ihr Thema waren vor allem psychologische Methoden zur Untersuchung wirtschaftlicher Entscheidungen. Die Forscher hatten nachgewiesen, dass Entscheidungsträger nicht nur rational und im kalkulierten eigenen Interesse handeln. Angesichts zahlreicher Unsicherheiten sei das Verhalten des von der Wirtschaftstheorie entwickelten „homo oeconomicus“ in der Realität nicht anzutreffen, so die Wissenschaftler.

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