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Jean-Claude Trichet wurde am Donnerstag mit dem Karlspreis ausgezeichnet.

© dpa

Zentralbankchef: Trichet droht Euro-Schuldnern

Der EZB-Chef Jean-Claude Trichet wünscht sich ein EU-Finanzministerium, das die Länder-Etats kontrolliert. Krisenländern wie Griechenland soll notfalls sogar die Souveränität entzogen werden können.

Berlin- Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, fordert als Konsequenz aus der Schuldenkrise mehrerer Euro-Länder eine radikale Neuordnung der Euro- Zone. Um künftige Krisen zu vermeiden, schlug er die Gründung eines europäischen Finanzministeriums vor. Die Institution soll Euro-Ländern, die sich über die Maßen verschulden, die Souveränität entziehen dürfen. Sie könnte dann zum Beispiel ungefragt in die Haushaltspolitik hineinregieren.

„Wäre es zu kühn, sich eine Union vorzustellen, die nicht nur einen gemeinsamen Markt, eine gemeinsame Währung und eine gemeinsame Zentralbank hat, sondern auch ein gemeinsames Finanzministerium?“, sagte Trichet am Donnerstag in Aachen. Dort erhielt der EZB-Präsident, dessen Amtszeit im Oktober nach acht Jahren endet, den Karlspreis für seine Verdienste um die europäische Einigung. Ein europäisches Finanzministerium sollte sich demnach nicht nur um die Haushaltspolitik der Länder kümmern, sondern auch um deren Wettbewerbsfähigkeit und den Finanzsektor. Außerdem könnte der Chef der Behörde die EU in internationalen Institutionen vertreten. Auch Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nikolas Sarkozy fordern eine europäische Wirtschaftsregierung, in der sich die Euro-Länder darüber verständigen, wie sie sparen wollen, wie hoch ihre Steuern sind und wann ihre Bürger in Rente gehen. Eine Institution, wie sie Trichet vorschwebt, würde darüber noch hinausgehen. Zu entscheiden, wie viel Geld ein Staat wofür ausgibt, ist bisher das Recht nationaler Parlamente.

Seine Idee sei eine „Langfristperspektive“, sagte Trichet. Schon mittelfristig aber schlägt er einen Zwei-Stufen-Plan für Euro-Länder vor, die von einer Pleite bedroht sind. In der ersten Stufe könnte die Gemeinschaft finanzielle Unterstützung leisten, wenn das Land im Gegenzug Anpassungen vornehme, sagte der EZB-Chef. Sollten die Maßnahmen erfolglos bleiben, müsse dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs in Zusammenarbeit mit EU-Kommission und EZB eine „direkte Einflussnahme“ auf die Politik des Landes ermöglicht werden.

Unterdessen beraten die Politiker in der Euro-Zone weiter über die dramatische Lage in Griechenland. Die Rating- Agentur Moody’s stufte die Kreditwürdigkeit des Landes am Donnerstag von der Note „B1“ auf „Caa1“ herunter. Griechische Staatsanleihen gelten damit endgültig als hoch spekulative Anlagen. Die Note ist ein Signal für Investoren, weiter hohe Zinsen für Kredite zu verlangen.

Griechenland steht kurz vor der Pleite. Am heutigen Freitag soll ein Bericht vom IWF, der EU und der EZB Aufschluss über die Sanierungsfortschritte geben. Von dem Ergebnis hängt ab, ob Athen die nächste Hilfszahlung aus dem 110 Milliarden Euro schweren Rettungspaket erhält. Weil abzusehen ist, dass sich das Land auch im nächsten Jahr kein Geld am Kapitalmarkt leihen kann, wird bereits über zweites Rettungspaket in Höhe von 60 bis 70 Milliarden Euro diskutiert. In Deutschland stößt die Idee auf Kritik. „Eine Katastrophe“, nannte sie etwa Frank Schäffler, Finanzexperte der FDP, gegenüber dem Tagesspiegel.mit ctr, rtr

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