zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Ziel verfehlt

Die Luftverkehrssteuer bringt dem Bund weniger als gedacht.

Berlin - Ralph Beisel weiß, wie man für Stimmung in der Bude sorgt. Also nahm der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV das böse L-Wort möglichst oft in den Mund: „Luftverkehrssteuer“. Es war das große Gesprächsthema beim Neujahrsempfang seines Vereins am Dienstag in der Humboldt-Box am Schlossplatz in Berlin. Als Beisel seine Rede schloss mit den Worten: „Und hoffen wir, dass wir das nächste Jahr wieder feiern können – dann aber ohne die Luftverkehrssteuer“, legten Airline- und Flughafenmanager im Saal ihr Glas beiseite, um starken Applaus zu spendieren.

Ungerecht, unsozial, wettbewerbsverzerrend. Das sind noch die freundlicheren Attribute, die man von den führenden Köpfen der Branche hört. Seit Juni 2010, als die Bundesregierung auf einer Sparklausur die Steuer beschlossen hatte, hat sich die Aufregung kein Stück gelegt. Das Kabinett einigte sich damals darauf, jeden aus Deutschland abgehenden Flug mit einer sogenannten „ökologischen Abgabe“ zu belasten. Fluggesellschaften mussten vom 1. Januar 2011 an acht, 25 beziehungsweise 45 Euro Steuern je Ticket abführen – abhängig davon, wie weit entfernt das angeflogene Ziel liegt. Insgesamt wollte der Bund so eine Milliarde Euro im Jahr zusätzlich einnehmen.

Seit Freitag ist allerdings klar: Das ist nicht gelungen. Das Bundesfinanzministerium bezifferte die Einnahmen für das Gesamtjahr auf 905 Millionen Euro. Im November noch hatte man immerhin auf 920 Millionen gehofft. Unterm Strich sind die nun erreichten 905 Millionen nicht meilenweit, aber doch merklich von der glatten Milliarde entfernt.

Das Ziel wurde also verfehlt, die Airlines und Airports aber fühlen sich kein Stück weniger getroffen. „Es sind die deutschen Fluggesellschaften, die den Großteil dieser knapp einer Milliarde Luftverkehrssteuer zahlen müssen. Dies ist eine erhebliche zusätzliche Belastung, die den Wettbewerb verzerrt und den Unternehmen bereits massiv geschadet hat“, sagte Eva-Maria McCormack vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) dem Tagesspiegel. „Und wer denkt, die deutsche Luftfahrt kann eine solche Benachteiligung einfach wegstecken, der irrt: Denn aufgrund des harten Konkurrenzdrucks im deutschen Markt arbeiten die Fluggesellschaften mit sehr niedrigen Gewinnspannen und können zusätzliche Steuern nicht einfach auf die Ticketpreise aufschlagen“.

Das ist ein heikles Thema. Denn als die Fluggesellschaften in den Monaten vor der Einführung der Steuer hofften, sie könnten den Plan noch vereiteln, drohten sie, sie würden die Steuer „eins zu eins“ an die Kunden weitergeben. Die Regierung würde also direkt die Bürger treffen. Die heimischen Marktführer Lufthansa und Air Berlin räumten aber bereits zur Vorlage ihrer Zahlen für die ersten neun Monate ein, dass ihnen das nicht gelungen sei. Lufthansa musste von Januar bis Ende September 265 Millionen Euro zahlen. Die kleinere Air Berlin bezifferte die Steuerlast in dem Zeitraum auf 51,5 Millionen. Dort behauptete man sogar, leicht schwarze Zahlen geschrieben zu haben.

Besonders hart sind Billigflieger getroffen, weil die Abgabesätze bei günstigen Tickets einen relativ hohen Anteil ausmachen. Die Lufthansa-Billigtochter Germanwings flog wegen der Steuer (und hoher Kerosinpreise) zuletzt in die roten Zahlen. Der irische Billigflieger Ryanair zog sich gar von einigen deutschen Flughäfen ganz zurück. Und Flughäfen nahe den Grenzen zu den Niederlanden, Belgien und Österreich meldeten sinkende Passagierzahlen.

Derzeit sucht die Regierung ein Institut, das die Folgen der Abgabe im Detail analysiert und bis Ende Juni einen Bericht vorlegt. Zugleich hat sie die Steuersätze zum Jahreswechsel um wenige Prozent gesenkt, will aber weiter eine Milliarde Euro einnehmen, da die Airlines ja in diesem Jahr erste Klimaschutzzertifikate kaufen müssen.

Für Teile der Opposition ist der Fall jetzt schon klar: „Die Luftverkehrssteuer ist ökologischer wie auch ökonomischer Murks. Sie dient lediglich dazu, Löcher des Bundeshaushalts zu stopfen“, sagte Sören Bartol, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion dieser Zeitung. Die Steuer sei so ausgestaltet, dass sie keine ökologische Lenkungswirkung hat und in den Wettbewerb der Fluggesellschaften eingreift. „Ähnlich wie die kaiserliche Sektsteuer wird sie wohl entgegen den Ankündigungen von Bundesverkehrsminister Ramsauer weiter bestehen bleiben“, prognostizierte Bartol.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false