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Wirtschaft: Zimmer ohne Aussicht

Dreckiger Strand, laute Baustellen, schlechtes Essen: Wie man sich für den verpatzten Urlaub vom Reiseveranstalter entschädigen lassen kann

NÄCHTLICHER LÄRM

Wenn das Zimmer direkt über der Disco liegt und man nachts kein Auge zudrücken kann, muss man das nicht hinnehmen und kann ein ruhiges Quartier verlangen. Foto: ddp

WO BESCHWERT MAN SICH?

Selbst wenn die Rezeption als natürlicher Anlaufpunkt erscheint – über die Reisemängel muss man sich bei der Reiseleitung vor Ort beschweren. Foto: dpa

Der lang ersehnte Traumurlaub kann schnell zum Horrortrip werden: Ungeziefer, Baulärm und schlechtes Essen können einem den Aufenthalt in der Sonne kräftig vermiesen. Dann zählt nur noch eines – wie bekomme ich dafür wenigstens eine angemessene Entschädigung? Die Rechte des Verbrauchers sind in solchen Fällen gut, sie müssen jedoch richtig geltend gemacht werden. Ist das der Fall, muss der Reiseleiter einen Teil der Reisekosten zurückerstatten.

Nach der Rückkehr bleibt aber nicht viel Zeit: Spätestens einen Monat nach Urlaubsende müssen die Ansprüche beim Reiseveranstalter schriftlich geltend gemacht werden, am besten per Einschreiben mit Rückschein. Die Mängel müssen ausführlich und vollständig beschrieben, das Minderungsverlangen muss deutlich gemacht werden.

Weist der Veranstalter die Forderungen zurück, bleibt dem unzufriedenen Reisenden mindestens ein Jahr lang Zeit, um eine Klage einzureichen. Die Frist dafür beginnt ebenfalls mit der Rückkehr aus dem Urlaub. Wichtig, ist dass die Mängel bereits vor Ort beklagt wurden. Schon dort muss Abhilfe gefordert werden – nicht erst zu Hause.

Zuständig für die Beschwerden ist die örtliche Reiseleitung, nicht das Hotel. Wenn der Urlauber keine Reiseleitung finden kann, sollte er direkt mit dem Reiseveranstalter in Deutschland Kontakt aufnehmen. Reiseleitung oder Reiseveranstalter müssen dann zunächst die Chance bekommen, die Mängel abzustellen. Dafür sollte eine angemessene Frist gesetzt werden. Wenn zum Beispiel Baulärm nervt, dürften zwei Tage angemessen sein, um in einem anderen – ruhigen – Hotel untergebracht zu werden.

Verstreicht die Frist erfolglos und man leidet noch immer, kann der Urlauber selbst Abhilfe schaffen und den Ersatz seiner Aufwendungen fordern. Wird zum Beispiel der im Reisevertrag vereinbarte Tauch-Kurs nicht angeboten, darf der Urlauber auf eigene Faust einen vergleichbaren Kurs buchen. Die Kosten dafür kann er sich erstatten lassen.

Wichtig ist, dass ein Mangel nur dann vorliegt, wenn der Urlauber etwas anderes erwarten konnte. Dafür ist der Reisekatalog maßgeblich. Wurde dort ausdrücklich von Bauarbeiten in der Ferienanlage gesprochen, kann der Urlauber keinen Mangel geltend machen. Auf die teilweise verklausulierten Formulierungen in den Katalogen (siehe Kasten) sollte man schon vor der Reise achten.

Dass die Mängel schon vor Ort angezeigt wurden, muss nachweisbar sein. Man sollte sich also von der Reiseleitung zumindest bestätigen lassen, dass sich der Urlauber am Tag XY beschwert hat. Auf der sicheren Seite befindet sich der Urlauber, wenn er zusätzlich Zeugen für seine Beschwerde bei der Reiseleitung aufbieten kann. „Das kann der Ehepartner oder ein Reisebegleiter sein – kommt es später zum Prozess, werden deren Aussagen vermutlich aber nicht so viel Gewicht beigemessen“, sagt Rechtsanwalt Udo Vetter. Ein unabhängiger Gast macht sich besser – vor allem dann, wenn dieser die Mängel ebenfalls erlebt hat.

Wenn die Unannehmlichkeiten trotz Beschwerde nicht abgestellt werden, müssen Beweise gesichert werden: Fotos und Videos etwa vom verschmutzten Hotelstrand können später bei der Klage sehr helfen, ebenso Zeugenaussagen. Dafür sollten unbedingt vollständige und aktuelle Adressen notiert werden, unter denen die Zeugen dann vom Gericht geladen werden können. „Der Dieter aus Zimmer 19“ nutzt als Beweisantritt im Prozess wenig. Ausländische Zeugen sollten nur dann angeführt werden, wenn sonst keine anderen möglich sind. Grund: Werden ausländische Zeugen geladen, entstehen erhebliche Gerichtskosten.

Wegen Mängeln kann der Urlauber einen Teil des gezahlten Reisepreises zurückfordern. Wie viel, hängt von der Dauer und Schwere des Mangels ab. Richtwerte bietet die so genannte „Frankfurter Tabelle“ (siehe Graphik). Die vom Landgericht Frankfurt (Main) erstellte Liste wird von vielen Gerichten herangezogen, ist jedoch nicht bindend.

Andreas Kunze

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