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Spitze. „Friendship“ mit Friedrich Mücke, Alicja Bachleda und Matthias Schweighöfer (v.l.) war der erfolgreichste deutsche Film. Foto: ddp

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Wirtschaft: Zu früh gefreut

Nach „Avatar“ ging dem Publikum die Lust auf Filme aus – Filmförderer ziehen magere Bilanz für 2010

Berlin - Der „Aufbruch nach Pandora“ in dem US-Film „Avatar“ war für die deutsche Kino- und Filmbranche ein Aufbruch in eine neue, dreidimensionale Dimension. Doch obwohl im vergangenen Jahr mehr als 7,8 Millionen Menschen den 3-D-Film in deutschen Kinosälen sahen, war 2010 kein gutes Jahr für die Branche: weniger Kinobesucher, sinkende Umsätze, sterbende Filmtheater.

„Nach Avatar kam der Kater“, beschrieb der Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA), Peter Dinges, am Mittwoch in Berlin den Verlauf des Jahres. Der im Dezember 2009 angelaufene Kassenschlager „Avatar“ sei ein früher Höhepunkt gewesen. Danach aber sei dem Publikum die „Kinolust“ vergangen. „Es fehlten Eventfilme“, sagte Dinges einen Tag vor Eröffnung der Berlinale. Hinzu kam im Sommer die Fußball-Weltmeisterschaft. „Public-Viewing war besser als Kino-Viewing“, sagte Dinges.

Die Lücke konnte auch der in den Vorjahren erfolgreiche deutsche Film nicht schließen: Nach drei Jahren mit steigendem Marktanteil (2009: 27,4 Prozent) hatten deutsche Produktionen 2010 gut 19 Millionen Zuschauer weniger – insgesamt noch knapp 21 Millionen – und fielen auf einen Marktanteil von 16,8 Prozent zurück. „Ohne den deutschen Film geht es nicht“, sagte FFA-Chef Dinges. Erstmals seit 2007 sank deshalb auch die Gesamtzahl der Kinobesucher deutlich – von 146 auf knapp 127 Millionen.

„Avatar“ hinterließ aber nicht nur einen Kater, sondern war für viele Kinogänger auch die erste Begegnung mit einem 3-D-Film. Zahlreiche andere folgten und lockten 18,4 Millionen Zuschauer ins Kino, fast dreimal so viele wie 2009. Und das Publikum war bereit, für 3D mehr Eintritt zu bezahlen. Die Kinokarte kostete deshalb 2010 im Schnitt 7,27 Euro – 60 Cent mehr als im Vorjahr. Der Branchenumsatz ging deshalb nur um 5,7 Prozent auf 920,4 Millionen Euro zurück.

Der FFA-Vorstand bemühte sich auch deshalb am Mittwoch um Schadensbegrenzung und sprach von einer „kreativen Pause“ und einem „Atemholen vor dem nächsten Feuerwerk“. Es gebe gute und schlechte Kinojahre, das Geschäft sei immer schon zyklisch gewesen. „Es gibt keine Unruhe in der Filmwirtschaft, die Stimmung ist gut“, sagte Dinges. 2009 war für die Kinobranche ein Rekordjahr gewesen.

Der ein oder andere deutsche Film sei wohl am Geschmack des Publikums vorbei produziert worden, räumte Dinges ein. Viele Produktionen hätten die Erwartungen nicht erfüllt. Andererseits feierten Filme wie „Friendship“ mit Matthias Schweighöfer in der Hauptrolle Erfolge: mit 1,6 Millionen Zuschauern war der Streifen im vergangenen Jahr der erfolgreichste deutsche Film. 2011 setzt die Branche nun auf deutsche Filme wie Til Schweigers neue Komödie „Kokowääh“, die bereits mehr als eine Million Besucher zählte, den ersten „Wicky“-Film in 3D und Roland Emmerichs „Anonymous“. „Ich freue mich auf ein Kinojahr, das sich gewaschen hat“, sagte FFA-Chef Dinges. Die FFA hat 2010 insgesamt 111 der 189 deutschen Erstaufführungen gefördert. Das Fördervolumen lag insgesamt bei gut 74 Millionen Euro. Rechnet man die Filmförderung der Länder hinzu, wurden 2010 knapp 317 Millionen Euro ausgereicht.

Sorgen bereitet der FFA das anhaltende Kinosterben vor allem in kleineren Orten und auf dem Land. Die Zahl der Leinwände sank im vergangenen Jahr zum fünften Mal in Folge und liegt jetzt bei 4699. „Dramatischer“ ist laut Dinges noch der anhaltende Verlust von Kinostandorten: 2010 gab es 954 Städte und Gemeinden mit mindestens einem Filmtheater. Das sind erneut 22 weniger als im Jahr zuvor und 81 weniger als 2005. Für die Zukunft Gegenmaßnahmen einzuleiten, sei „eine ganz entscheidende filmpolitische Aufgabe“, sagte Dinges. „Wir brauchen diese Kinos.“ Eine Chance sieht die FFA in der zunehmenden Digitalisierung. Die technische Renovierung auch kleinerer Kinos erlaube den Unternehmen, Erstaufführungen anzubieten und preiswertere Kopien großer US-Blockbuster ins Programm zu nehmen.

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