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Wirtschaft: Zu früh geplaudert: Investition gefährdet

MAGDEBURG .Glücklich ist man im Magdeburger Wirtschaftsministerium über die Meldungen nicht, auch wenn sie positiv klingen.

MAGDEBURG .Glücklich ist man im Magdeburger Wirtschaftsministerium über die Meldungen nicht, auch wenn sie positiv klingen.Demnach will die britische Firma Aylesford Newsprint Ltd.aus der Grafschaft Kent auf dem Gelände des Chemieparks Bitterfeld eine Zeitungspapier-Fabrik errichten.Glücklich ist man deshalb nicht, weil das Ganze noch in einem frühen Stadium ist."Es gibt noch keine feste Vereinbarungen, noch nicht einmal belastbare Absichtserklärungen", sagt eine Sprecherin des Ministeriums."Und es kann durchaus noch scheitern." Aber ihr Minister Schucht (SPD) werde noch in diesem Jahr nach Großbritannien reisen.Die potentiellen Investoren hätten ihn zu vertiefenden Gesprächen eingeladen.

Sollte aus diesen Gesprächen tatsächlich eine Ansiedlung werden, dürften die Mitarbeiter der landeseigenen Wirtschafts-Förderungsgesellschaft Sachsen-Anhalt (WISA) und des International Investment Council (IIC), der gemeinsam von Bund und neuen Ländern gegründeten Ansiedlungsgesellschaft für Ostdeutschland zufrieden sein - mit sich selbst.Sie haben die Kontakte angebahnt, über die Bitterfelds SPD-Bürgermeister Rauball zu früh geplaudert hat.

Der Investor hat die Meldungen nicht gerade glücklich zur Kenntnis genommen."Aylesford erwägt, die in Großbritannien erfolgreiche Struktur zu erweitern", bestätigt zwar Firmenchef Donald Charlesworth.Mehr aber ist aus ihm nicht herauszuholen.Stillschweigen ist vereinbart.

Rauball dagegen kommt aus dem Schwärmen kaum heraus.900 Mill.Mark an Investitionsvolumen erwartet er und bis zu 300 Arbeitsplätze.Mit 24,1 Prozent hat Bitterfeld die höchste Arbeitslosenrate.Die Stadt sei bereits dabei, das Bebauungsplanverfahren für die Errichtung der Papierfabrik vorzubereiten, sagt Rauball.Durch die Papierfabrik könnten Arbeitsplätze auch im Umfeld entstehen.Insgesamt, Zulieferer und Weiterverarbeiter mitgerechnet, erhofft sich der Bitterfelder Stadtvorsteher bis zu 900 Arbeitsplätze.Weniger glücklich sieht auch Walter Steinbach auf die Veröffentlichungen, aus einem ganz anderen Grund freilich.Steinbach ist Regierungspräsident des in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden Regierungsbezirks Leipzig.Und verweist deshalb auf das Zeitungspapier-Werk des schwedischen Enzo-Konzerns im nur 30 Kilometer von Bitterfeld gelegenen Eilenburg.Die schwedischen Investoren planen nach Angaben Steinbachs, das bereits bestehende Werk durch eine zweite Produktionsanlage zu erweitern, deren Genehmigung in Form eines Planfeststellungsbeschlusses für Dezember zu erwarten sei."Das Werk, das wir hier haben, ist mit öffentlichem Geld gefördert worden, das zweite Werk wird ebenfalls mit öffentlichem Geld gefördert werden", rechnet Steinbach vor.Ähnliches sei auch von dem in Aussicht gestellten Werk in Bitterfeld zu erwarten."Warum sollten wir eigentlich mit öffentlichem Geld Konkurrenz schaffen, die letztlich zum Verlust von Arbeitsplätzen führen?" fragt Steinbach.

Schon einmal haben die Sachsen ihren sachsen-anhaltischen Nachbarn bei einer mit großen Hoffnungen angekündigten Großinvestition einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.Als das Leipziger Regierungspräsidium wegen möglicher Gewässerbelastungen des Flüsschens Weiße Elster eine extrem scharfe und strenge Beteiligung am Planfeststellungsverfahren und ganz besonders an der Umweltverträglichkeitsprüfung für ein geplantes Zellstoffwerk am Standort Zeitz ankündigte, strich der südkoreanische Investor die Fahne und erklärte das gesamte Projekt für gescheitert und damit für erledigt.

EBERHARD LÖBLICH

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