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Nicht nur beim Diesel sind CO2-Ausstoß und Verbrauch in der Realität deutlich höher als vom Hersteller angegeben.

© Alexander Rüsche/dpa

Zu hohe Verbrauchswerte: Bundesamt kommt Diesel auf die Schliche

Selbst bei den völlig realitätsfernen Messungen auf dem Prüfstand stoßen Dieselautos viel mehr CO2 aus als vom Hersteller angegeben.

Jetzt hat es auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bestätigt: Diesel-Autos erreichen nicht einmal unter den völlig unrealistischen Bedingungen auf dem Prüfstand die Verbrauchswerte, die ihre Hersteller bei der Typzulassung angeben. Nach einer internen Liste des KBA, die dem Tagesspiegel vorliegt, stoßen alle 30 Kfz-Typen, die im Sommer 2016 vom Amt geprüft wurden, mindestens zehn Prozent mehr CO2 aus als gemeldet. Am schlechtesten schneiden Modelle von Audi ab, die den angegebenen Wert um bis zu 36 Prozent übertreffen.

Aber auch die Autos von Alfa Romeo, BMW, Fiat, Jaguar, Jeep, Land Rover, Peugeot, Mercedes, Renault, Mitsubishi, Volvo, VW, Suzuki, Opel, Smart und Porsche sind nicht wesentlich besser. Über die Liste hatte zuvor die „tageszeitung“ aus Berlin berichtet. Das Bundesverkehrsministerium teilte auf Anfrage mit, die Abweichungen seien auffällig. Deshalb gebe es eine Nachmessung. Deren Ergebnisse sollten noch in dieser Legislaturperiode veröffentlicht werden.

Anspruch auf Rückgabe des Autos

Die CO2-Grenzwerte sind für die Autohersteller noch brisanter als ihre überhöhten Werte für die gesundheitsschädlichen Stickoxide (NOx). Wenn ein Auto nämlich mehr als zehn Prozent mehr verbraucht als angegeben, kann der Käufer das Auto als „fehlerhaftes Produkt“ zurückgeben. So hatte im August 2016 das Landgericht Düsseldorf mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entschieden.

Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sagte dazu dem Tagesspiegel: „Wir klagen vor Gericht darauf, dass das KBA diese Liste offiziell herausgibt. Das würde tausenden Käufern einen Anspruch auf Schadensersatz verschaffen.“ Freiwillig werde das KBA nicht liefern, denn nach den bisherigen Erfahrungen sei es „der Bettvorleger der Industrie“.

Kfz-Steuer zu niedrig angesetzt

Außerdem, so Resch weiter, werde die Kfz-Steuer seit 2009 auch nach dem CO2-Ausstoß bemessen. Durch die falschen Verbrauchswerte seien dem Fiskus hohe Einnahmen entgangen. Sollten die Kfz-Besitzer dafür jemals belangt werden, hätten sie wiederum einen Regressanspruch gegen die Autohersteller.

Das KBA habe sich aber „auf die irre Rechtsposition versteift, die Typzulassung für Autos beziehe sich nur auf Schadstoffe wie NOx, nicht aber auf CO2. Das erkläre auch die Passivität des Amtes.

Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, wirft Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, die Messergebnisse des KBA seit über einem Jahr zurückzuhalten. „Dobrindt möchte offensichtlich nach den Stickoxiden ein zweites Dieselgate bei CO2 vermeiden“, sagte Krischer dem Tagesspiegel. „Deshalb sollen KBA und Autoindustrie solange tricksen und schönrechnen, bis die Werte einigermaßen passen und die Hersteller reingewaschen werden können.“ Stimmten die CO2-Angaben der Hersteller nicht, wären „Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe für die Industrie fällig“.

Autoindustrie verweist auf neue Prüfmethoden

Der Verband der Automobilindustrie erklärte: „Eine seriöse Bewertung der Messungen ist nicht möglich, da keine genauen Informationen zu Methode und Ergebnissen vorliegen.“ Der neue Prüfzyklus WLTP, der ab Herbst eingeführt werde, werde realitätsnäher sein und die Randbedingungen genauer festlegen. Damit würden die Unterschiede bei einzelnen Messungen erheblich geringer ausfallen. Im Schnitt habe der Diesel einen CO2-Vorteil von bis zu 15 Prozent gegenüber dem Benziner. Ohne Diesel wäre der Gesamtausstoß aller Autos höher.

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