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Wirtschaft: Zu viel moderiert, zu wenig entschieden

Ricke habe oft nur reagiert, meinen Analysten

Düsseldorf - Wenn Kai-Uwe Ricke jetzt seinen Chefsessel räumt, verliert die Telekom einen Vorstandsvorsitzenden, der sich nach einem starken Beginn im Dickicht der Interessen verhedderte, die den ehemaligen Staatskonzern so schwer regierbar machen.

Da sind zum einen die Aktionäre – allen voran der Finanzinvestor Blackstone. Sie fordern Kurssteigerungen der T-Aktie, die seit Monaten nahe ihrem Ausgabekurs von vor zehn Jahren dümpelt. Ein einfaches Rezept, um den Aktienkurs zu steigern, ist ein massiver Stellenabbau. Doch dagegen stemmen sich der Bund (als größter Aktionär) sowie die Arbeitnehmerseite. In dieser Gemengelage hat es Ricke immerhin geschafft, jährlich 10 000 Mitarbeiter sozialverträglich abzubauen – im Einvernehmen mit Betriebsrat und der Gewerkschaft Verdi. Deshalb hatte er bei den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat zumindest in der ersten Zeit einen Stein im Brett.

Nicht nur da: Der 45-Jährige gilt als sehr menschlich. Vertraute im Unternehmen berichten, dass er stets alle Seiten zu Wort kommen lässt, bevor er eine Entscheidung trifft. Kritiker sehen gerade darin eine große Schwäche. „Ricke hat zu viel diskutiert und zu wenig entschieden“, heißt es. Vor allem unter seinen rivalisierenden Vorständen hätte er häufiger ein Machtwort sprechen müssen.

Der Telekom-Chef hat auch inhaltliche Schwächen gezeigt. Als Ricke das Ruder übernahm, erhob er die Sanierung der Finanzen zur obersten Maxime und halbierte die Schulden. Darüber sind allerdings Akquisitionen in den Hintergrund geraten. Er hat es auch nicht geschafft, dem Konzern neue Einnahmequellen zu sichern, die den Umsatz- und Margenverfall im Inland kompensieren können.

Die Konzernstrategen verweisen bei dem Thema gerne auf ihre rasant wachsende Mobilfunktochter in den USA. Analysten wie Frank Rothauge von der Privatbank Sal. Oppenheim halten es aber für riskant, dass sich die Telekom beim Wachstum vor allem auf ihre US-Tochter verlässt. Ricke hat auch versucht, den Konzern in Deutschland fit zu machen, zum Beispiel mit Milliardeninvestitionen in den Bau von superschnellen Internetverbindungen.

Die Analysten werfen dem Konzernchef aber vor, immer nur zu reagieren – auf die miserablen Halbjahreszahlen etwa mit deutlichen Preissenkungen und einem radikalen Sparprogramm. Er hätte an den Kapitalmärkten mehr Vertrauen geschaffen, wenn er früher aus der Defensive in den Angriff gegangen wäre, sagen sie.

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