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Wirtschaft: Zu warm zum Essen

Das Biergartenwetter beschert vielen Gastronomen zusätzlichen Umsatz, doch für die Branche ist die Krise noch nicht vorbei

Berlin. Schon seit mehr als zwei Jahren stecken die Hotels und Gaststätten in Deutschland in der Krise. Und jetzt dieser Sommer: Die Biergärten sind jeden Tag voll, die Menschen genießen es, die Sommerabende im Straßencafé zu verbringen, und viele sparen sich den Flug in den Süden, denn Sonne gibt es auch hier genug. Das Geschäft der Gastwirte und Zimmervermieter müsste richtig brummen. Doch Grund zum Jubel sehen die Wirte nicht: „Das erste Halbjahr war eines der schlechtesten für Gastronomie und Hotels seit Jahren“, sagt Marc Schnerr, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). „Aber es gibt nach der langen Durststrecke erste Anzeichen für eine Besserung.“

Das belegen aktuelle Zahlen des Statsitischen Bundesamts. Der Umsatz im Gastgewerbe ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nominal um 6,2 Prozent geschrumpft. Real – also ohne Berücksichtigung von Preiseffekten – lag der Rückgang sogar bei 6,5 Prozent. Allerdings hat sich der Abwärtstrend verlangsamt. Während der Umsatz von Januar bis März im Vergleich zu den Vorjahresmonaten real noch um neun Prozent schrumpfte, waren es von April bis Juni nur noch 4,7 Prozent. Auch im Vergleich einzelner Monate sieht es etwas besser aus: Zum Jahresanfang war das Umsatzminus noch zweistellig, im Juni lag der Rückgang gegenüber Juni 2002 real nur noch bei 2,4 Prozent.

Der Grund für die Misere: „Das Hotel- und Gaststättengewerbe ist eine extrem konjunkturempfindliche Branche“, sagt Schnerr vom Dehoga. Dabei seien die Ausschläge nach unten meist sogar noch stärker als in der Gesamtwirtschaft. Die Konsumzurückhaltung spüren die Gastwirte daher deutlicher als andere Gewerbe. Auswärts Essen und Trinken gilt oft als Luxus – gerade wenn das Geld in der Tasche knapp und die Zukunftsaussichten so unsicher sind. Auch die Unternehmen seien bei Reise- und Bewirtungsausgaben sparsamer geworden, sagt Schnerr. „Die Gäste kommen zwar“, sagt Klaus-Dieter Richter, Vizepräsident des Berliner Hotel- und Gaststättenverbands, der selbst ein Lokal in Spandau betreibt. „Aber sie geben weniger Geld aus.“ Während früher bis zu vier Getränke pro Person konsumiert wurden, sei nun schon nach zweien Schluss. Die Hitze habe zwar geholfen, den Durst und damit den Konsum zu heben, „aber nicht so stark wie man erwarten sollte“, sagt Richter. Hinzu kommt: „Natürlich profitieren die, die einen Garten oder eine Terrasse haben, vom schönen Wetter, bei allen anderen ist das Gegenteil der Fall.“

Etwa 250000 gastronomische Betriebe gibt es in Deutschland, sagt Schnerr vom Dehoga. Etwa ein Drittel habe die Möglichkeit, Gäste draußen zu bewirten. „Die haben in den vergangenen Monaten wirklich gute Umsätze gemacht“, sagt Schnerr. „Wir schätzen, dass diese Betriebe in den Monaten Juni bis August ein Umsatzplus von zehn bis 15 Prozent erzielen konnten.“

Es bleibe aber fraglich, ob das Plus in den Biergärten, Straßencafés, Gartenrestaurants und Strandbars das Minus in der Gesamtbranche werde ausgleichen können, sagt Schnerr. „Wenn wir in diesem Jahr beim Umsatzwachstum eine schwarze Null schreiben, dann ist das ein erfolgreiches Jahr für uns.“

Auch der Gastronom Stefan Schneck, der in Berlin drei Gaststätten betreibt, zeichnet ein differenziertes Bild: „Das Nola´s am Weinberg hat einen Biergarten mit 300 Plätzen. Dort läuft das Geschäft bombastisch.“ Für seine beiden anderen Restaurants sei es dagegen ein schlechter Sommer, obwohl man auch dort draußen sitzen kann: „Zum Essen ist es einfach zu warm.“ Den Umsatzrückgang schätzt er hier auf 15 Prozent.

Auch Volker Pradel vom Schleusenkrug bleibt vorsichtig: „Jeder schöne Tag ist für uns gut, aber abgerechnet wird am Ende des Jahres.“

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