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Wirtschaft: Zucker wird billiger

Agrarkommissar Fischler verteidigt geplante Reform / Österreicher scheidet aus EU-Kommission aus

Berlin - EU-Agrarkommissar Franz Fischler geht davon aus, dass Zucker nach der Reform des EU-Zuckermarktes ab dem kommenden Jahr billiger wird. „Der Zucker, den die Hausfrau einkauft, wird auf jeden Fall deutlich weniger kosten“, sagte Fischler dem Tagesspiegel. „Wie sehr es aber gelingt, die Preissenkung auch bei Getränken und Süßwaren hundertprozentig auf den Verbraucher umzulegen, hängt im Wesentlichen von der Wettbewerbssituation ab.“ Die Folgen der Reform für die deutschen Bauern schätzt der Agrarkommissar nicht so dramatisch ein, wie die Landwirte selbst.

Die EU-Kommission will mit der Reform des Zuckermarktes die Zuckerquote, also die garantierte Mindestabnahmemenge, um 16 Prozent senken und die staatlichen Garantiepreise um rund ein Drittel kürzen. Da die EU-Kommission den Bauern nur etwa die Hälfte ihrer Einkommensverluste ausgleichen will, befürchtet der Deutsche Bauernverband, dass sich der Rübenanbau in vielen Regionen nicht mehr rechnet – und Tausende von Arbeitsplätzen verloren gehen könnten. Auch die Industrie hat gedroht, Standorte zu schließen, wenn die Reform, wie von Fischler geplant, bereits am 1. Juli 2005 in Kraft tritt.

Fischler schätzt die Folgen für die Bauern weniger gravierend ein. „Die Flächen werden ja auch künftig weiter bebaut.“ Das Schlimmste, was passieren könne, sei, dass auf einem Großteil der Flächen Mais oder Getreide angebaut werde statt Zuckerrüben. Die Bauern hätten derzeit einen Mindestgarantiepreis und würden ihn auch in Zukunft haben. „Der Verlust für die Landwirtschaft hält sich daher ziemlich in Grenzen“, sagte Fischler.

Die Kommission will schon am 14. Juli einen formellen Reformentwurf für den Zuckermarkt vorlegen. Fischler schloss Widerstand aus Deutschland nicht aus. „Ich bin aber optimistisch, dass man auch in Deutschland versteht, dass es keine Alternative zu dieser Reform gibt.“

Der Agrarkommissar verteidigte die Reform auch mit Hinblick auf die laufenden Verhandlungen um eine weitere Liberalisierung des Welthandels. „Wir haben den ärmsten Staaten der Welt mehrfach angeboten, dass sie ihren Zucker ohne Beschränkungen nach Europa liefern können“, sagte er. „Wenn wir das umsetzen wollen, dann müssen wir die Zuckermarktordnung jetzt reformieren.“ Die alte Zuckermarktordnung, die den Wettbewerb auf dem Markt weitgehend ausschaltet, läuft zwar erst 2006 aus, Druck kommt aber von der Welthandelsorganisation WTO. Die Zuckerexporteure Thailand, Brasilien und Australien haben dort gegen die EU geklagt, weil sie sich die Marktabschottung nicht länger gefallen lassen wollen. Die Entscheidung wird im Juli erwartet. Zurzeit exportiert die EU Zucker im Wert von 2,4 Milliarden Euro pro Jahr an Drittstaaten. „Das halten wir auf Dauer weder in der WTO durch, noch sind wir glaubwürdig, wenn wir davon reden, dass wir den ärmsten Staaten der Welt helfen wollen“, sagte Fischler.

Bis Ende Juli wollen sich die WTO-Mitgliedsländer auf einen Kompromiss in der Agrarfrage verständigen. Dies gilt als Voraussetzung, um die stockende Welthandelsrunde wieder in Gang zu bringen. Die EU hat versprochen, ihre Exportsubventionen in der Landwirtschaft zurückzufahren. „Wir können die Abschaffung der Exportsubventionen nur ins Auge fassen, wenn wir die Zuckermarktordnung reformieren“, sagte Fischler. Die Chance auf eine Einigung im Juli sei gewachsen. „Eine hundertprozentige Garantie gibt es zwar nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es gelingt, ist im Steigen begriffen.“ Wenn eine Einigung nicht gelinge, werde wegen der US-Präsidentschaftswahl und dem Wechsel in der EU-Kommission im Herbst ein Jahr lang nichts passieren.

Fischler selbst wird nicht Mitglied der neuen EU-Kommission sein. Eine weitere Amtszeit schloss er „definitiv“ aus.

Maren Peters

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