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1,5 Liter fasst der große Becher, mehr als die Flasche.

© Thilo Rückeis

Zuckerbomben: Kinderärzte fordern Aus für Riesenlimobecher

Das richtige Maß: New York will Riesenlimos aus Gesundheitsgründen verbieten. Verbraucherschützer und Kinderärzte fordern das auch für Deutschland.

Berlin - Zu einem netten Kinoabend gehören sie für viele einfach dazu: das Popcorn und die Limo. Doch wer seine Filme gern in einer der großen Kinoketten schaut, braucht eine leistungsstarke Blase, um bis zum Ende durchzuhalten. Denn Cola, Fanta oder Sprite gibt es dort nur in großen Mengen. Ein halber Liter ist das Mindeste, den großen Durst kann man aber auch mit einem 1,5-Liter-Drink löschen. Zwischen 5,50 und 6 Euro kostet eine solche Jumboportion, die nicht nur ins Geld, sondern auch auf die Hüften geht. 630 Kilokalorien enthält der Riesenbecher Cola, so viel wie eine ordentliche Portion Lasagne oder zwei Teller Milchreis mit Zimt und Zucker. Dennoch ist der Monsterbecher beliebt – „hauptsächlich bei jungem Publikum“, berichtet die Verkäuferin im Cinemaxx am Potsdamer Platz.

In New York will Bürgermeister Michael Bloomberg solchen Riesenbechern den Garaus machen. Ab März sollen in Restaurants, Fast-Food-Ketten und Kinos zuckerhaltige Drinks nur noch in Bechern ausgeschenkt werden, die maximal einen halben Liter fassen. Eine Revolution, denn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten scheinen auch die Portionen grenzenlos groß zu sein. Ein mittlerer Becher bei McDonald’s oder Burger King enthält 0,6 Liter, ein großer 0,94 Liter. Aber auch Zwei-Liter-Drinks sind in den USA keine Seltenheit.

In Deutschland gibt es ähnliche Verhältnisse neben den Kinos nur noch bei der Sandwichkette Subway, die bis zu 0,75 Liter in ihre Becher füllt. Dennoch hält die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch auch hierzulande ein Eingreifen des Gesetzgebers für sinnvoll. „Das wäre eine Maßnahme, die es den Verbrauchern erleichtern würde, sich gut zu ernähren“, sagte Ernährungsexpertin Anne Markwardt dem Tagesspiegel. Und auch die Kinder- und Jugendärzte, in deren Wartezimmern immer häufiger übergewichtige Kinder sitzen, wünschen sich gesetzliche Schranken für zuckerhaltige Getränke. Anders als Wasser seien Limonaden keine Nahrungs-, sondern Genussmittel, gibt Ulrich Fegeler, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, zu bedenken. „Bei Genussmitteln sind wir entschieden gegen exzessive Mengen“, sagt der Berliner Kinderarzt. Bei Kindern sollten die Portionsgrößen für Softdrinks daher auf 0,3 Liter beschränkt werden, bei Erwachsenen auf 0,4 Liter.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner hält das für falsch. „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Strafsteuern für Cola oder Chips für die Gesundheitsförderung unwirksam sind“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel am Sonntag. „Auch limitierte Bechergrößen sind aus wissenschaftlicher Sicht eher Symbolpolitik.“ Zudem gebe es gar keinen Handlungsbedarf. „Anders als in den USA ist es in Deutschland zum Glück immer noch üblich, aus Gläsern und Bechern zu trinken und nicht aus Eimern.“ Damit liegt Aigner auf einer Linie mit der Lebensmittelwirtschaft. Von „populistischen Verboten“ spricht Angelika Mrohs, Geschäftsführerin des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Solche staatlichen Eingriffe seien keine Mittel, um das Ernährungsverhalten „nachhaltig zu verändern“. Bei McDonald’s Deutschland verweist man darauf, dass im „Happy Meal“ generell keine Getränke über 0,25 Liter enthalten sind. Mit Bio-Milch und Bio-Apfelschorle habe man zudem „besonders kindgerechte Getränke“. Ohnedies machen die großen Burgerketten in Deutschland bei 0,5 Litern Schluss.

Auch bei Foodwatch räumt man ein, dass die Bechergrößen nicht das drängendste Problem sind. Markwardt will generell Lebensmittel, die weniger süß, weniger fettig und weniger kalorienhaltig sind. Zudem möchte sie alle Limos aus den Getränkeautomaten in den Schulen verbannen und stattdessen Wasserspender aufstellen. Auch Cinemaxx-Sprecherin Ingrid Breul rät zu ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung. Also beim nächsten Mal daran denken: Nachos statt Popcorn und während des Films ein paar Mal auf- und abgehen.

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