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Wirtschaft: Zuckerbrot und Peitsche

LONDON .Wenn es um die Durchsetzung seiner politischen Ziele geht, ist Tony Blair nicht gerade zimperlich.

LONDON .Wenn es um die Durchsetzung seiner politischen Ziele geht, ist Tony Blair nicht gerade zimperlich.Die harte Hand des britischen Premierministers bekommen seit kurzem auch die rund 1,8 Millionen Arbeitslosen auf der Insel zu spüren.Mit einer Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche versucht Blair, die Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen von der Straße zu holen.Die Labour-Regierung offeriert den Betroffenen eine Palette von Beschäftigungshilfen.Wer die helfende Hand des Staates jedoch ausschlägt, muß mit einer empfindlichen Kürzung seiner Sozialleistungen rechnen.

Der sogenannte "new deal" von New Labour bietet seit April allen etwa 210 000 Jugendlichen, die unter 25 Jahre alt und mindestens sechs Monate ohne Job sind, vier Optionen: einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz in der Wirtschaft, der von der Regierung ein halbes Jahr lang subventioniert wird.Die Jugendlichen können sich stattdessen auch in einem Wohltätigkeitsverband engagieren, im staatlichen Umweltschutz mitarbeiten oder eine Aus- und Weiterbildung beginnen.Für ein Angebot müssen sie sich allerdings entscheiden."Eine fünfte Möglichkeit - zu Hause zu bleiben - gibt es nicht", hat die Regierung in London betont.

Wer sich dem "new deal" verweigert, muß damit rechnen, daß ihm die Arbeitslosen- oder Sozialhilfe gestrichen wird.Die staatliche Unterstützung für die Arbeitslosen ist auf der Insel ohnehin deutlich geringer als in Deutschland.Ein Alleinstehender über 25 Jahre erhält maximal sechs Monate lang umgerechnet rund 145 DM pro Woche.Hinzu kommen allerdings noch weitere Sozialleistungen wie das Wohngeld.

In einem zweiten Schritt will London jetzt auch diejenigen in das Programm einbeziehen, die älter als 25 sind und schon seit mindestens zwei Jahren keinen Job mehr haben.Unternehmen, die den rund 200 000 Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten, erhalten pro Woche einen Zuschuß von 218 DM.Ein ähnliches Programm soll es auch für alleinerziehende Eltern geben.Finanziert wird das gesamte Projekt durch eine einmalige Sondersteuer auf Privatisierungsgewinne ehemals öffentlicher Unternehmen.Das Finanzvolumen beträgt knapp zehn Mrd.DM.

Ob Blair mit seiner harten Linie Erfolg hat, ist noch nicht auszumachen.Die Ergebnisse der Pilotprojekte lassen noch kein abschließendes Urteil zu.Bedenken gibt es jedoch genug.Von den Betroffenen ist zu hören, daß die angebotenen Löhne zu gering seien und der Staat zu viel Zwang ausübe.Unternehmer zweifeln, ob sich die Problemgruppen ohne weiteres in den Arbeitsprozeß integrieren lassen.Zudem besteht die Gefahr, daß die Firmen die Subventionen für Arbeitsplätze nutzen, die sie ohnehin geschaffen hätten.Auch könnten andere Beschäftigte verdrängt werden.

TORSTEN RIECKE

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