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Hans-Jörg Rudloff, Verwaltungsratspräsident von Barclays Capital, kritisiert, dass der private Sektor nicht angemessen an der Bewältigung der Schuldenkrise beteiligt wird: „Die Schluderei geht hemmungslos weiter.“

© AFP

Zukunft des Euro: Bankier Rudloff sieht Europa vor "gewaltiger Kreditklemme"

Der Euro ist noch lange nicht gerettet, meint Hans-Jörg Rudloff, Verwaltungsratspräsident von Barclays Capital. Die Schaffung einer stabilen Fiskalunion werde „Jahre und Jahrzehnte dauern“, warnt er.

Auch nach dem Euro-Gipfel sieht Hans-Jörg Rudloff, einer der führenden europäischen Investmentbanker, die Währungsgemeinschaft weiterhin vor Existenz bedrohenden Schwierigkeiten. „Vorerst muss die EZB das System liquide halten, um das Überleben des Euro zu sichern“, sagte der Verwaltungsratspräsident von Barclays Capital dem Tagesspiegel.

Im neuen Jahr werde sich die Lage noch verschlimmern. „Die erhöhten Eigenkapitalvorgaben für die Banken ersticken jegliches Wirtschaftswachstum im Keim. Europa geht offenen Auges in eine gewaltige Kreditklemme, ohne zu ahnen, wie einschneidend sie wird.“ Das Kreditvolumen in Europa werde 2012 nur wegen der neuen Eigenkapitalvorgaben um fünf bis zehn Prozent schrumpfen. „Hinzu kommt die gewachsene Vorsicht. Das Pendel schlägt gerade von der übermäßigen und leichtfertigen Spekulation hinüber auf ein ganz konservatives Verhalten.“

Bei den Ergebnissen des Euro-Gipfels sei die Umsetzung entscheidend. „Man kann keinen Zauberstab heben und eine Fiskalunion ausrufen – das ist absolut ausgeschlossen. Das geht nur mit härtester Arbeit, Millimeter für Millimeter“, sagte der deutsche Bankier. Die Schaffung einer stabilen Fiskalunion werde „Jahre und Jahrzehnte dauern“.

Rudloff kritisierte auch, dass die EU künftig private Investoren bei möglichen Umschuldungen nicht mehr beteiligen will. Damit gebe es wieder „eine implizite Garantie des Steuerzahlers für alle europäischen Schulden“, sagte Rudloff. „Jetzt können die Anleger wieder blind investieren. Wir machen fröhlich dort weiter, wo wir vor einem Jahr aufgehört haben. Das Signal führt nicht zu den notwendigen Reformen, die ganze Schluderei geht hemmungslos weiter.“

Die Isolation Großbritanniens innerhalb der EU sieht Rudloff gelassen. „London wird seine Bedeutung als Umschlagplatz für Kapitalströme eher vergrößern.“ Großbritannien schotte sich nicht von der Welt ab, sondern vom Euro. „Länder, die nicht in diesen schwierigen Währungsverbund eingebunden sind, werden es vorerst leichter haben.“ Die Verschuldung der USA spiele aus seiner Sicht „überhaupt keine Rolle“, da Investoren weiterhin bereit seien, die amerikanischen Defizite zu finanzieren. Auch China sei ein ruhender Pol, verfüge zudem über „eine starke, klug gesteuerte Wirtschaft“ und habe die Inflation unter Kontrolle gebracht, sagte Rudloff. „China ist nicht nur einer der größten Märkte der Welt, sondern bietet vor allem die am besten vorhersehbare Wirtschaftspolitik.“

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