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Wirtschaft: Zum Abschied Applaus für Jürgen Weber

Der Lufthansa-Chef wechselt in den Aufsichtsrat/Aktionäre verweigern Verdi-Vertreter Bsirske die Entlastung

Köln (ro). Trotz der derzeitigen Krise fliegt die Lufthansa weiter in der Spitzengruppe der Luftverkehrsunternehmen. Vorstandschef Jürgen Weber betonte auf seiner letzten Hauptversammlung am Mittwoch in der Kölnarena, die Lufthansa werde gestärkt aus der derzeitigen Krise hervorgehen, weil sie finanziell gesund sei und Innovationen rasch und angepasst umsetze. Weber übergab symbolisch ein Steuerhorn an seinen Nachfolger Wolfgang Mayrhuber. Die rund 4300 anwesenden Aktionäre bedachten die Rede des scheidenden Vorstandsvorsitzenden mit außergewöhnlich großem Applaus.

Heftige Vorwürfe und Rücktrittsforderungen musste sich auf der 50. Hauptversammlung der Lufthansa dagegen der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Frank Bsirske anhören. Der VerdiChef hatte Ende November zu Streiks an den Flughäfen München und Frankfurt aufgerufen, die der Lufthansa Verluste in Millionenhöhe beschert hatten. Ulrich Hocker, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, warf Bsirske „grobe Pflichtverletzung“ vor. „Entweder Sie organisieren Streiks oder Sie sitzen im Lufthansa-Aufsichtsrat.“ Als Reaktion auf die umstrittenen Haltung Bsirkes beschloss die Hauptversammlung, dass Aufsichtsratsmitglieder künftig einzeln entlastet werden müssen.

Das setzten die Aktionäre gleich in die Tat um. In einem außergewöhnlichen Vorgang verweigerten sie Verdi-Chef Bsirske die Entlastung, sie forderten ihn sogar auf, sein Aufsichtsratsmandat niederzulegen. Verdi erklärte jedoch, Bsirske werde im Aufsichtsrat bleiben. Er sei von den Arbeitnehmern und nicht von den Anteilseignern gewählt worden. Die Anteilseigner hätten daher nicht über eine Ablösung zu entscheiden. Nach Angaben der Lufthansa hat die Nicht-Entlastung keine juristischen Folgen und auch grundsätzlich keine Auswirkung auf Bsirskes Aufsichtsratsmandat. Die Fluggesellschaft teilte mit, dass Bsirske erneut zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt worden sei. Weber wechsele wie geplant an die Spitze des Kontrollgremiums.

Die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge wurden ebenfalls kritisiert. Sie passe nicht in die Landschaft, weil gleichzeitig die Mitarbeiter Gehaltsverzicht üben und die Aktionäre für 2003 vermutlich keine Dividende bekämen. Die Bezüge der einfachen Aufsichtsräte steigen von 31000 Euro auf 55 000 Euro, der Aufsichtsratsvorsitzende erhält künftig 165000 statt bislang 61000 Euro. Der künftige Aufsichtsratschef Weber will den Zuschlag allerdings an eine gemeinnützige Organisation spenden.

Weber ließ keinen Zweifel daran, dass sich die Lufthansa auch unter der Regie seiner Nachfolgers Wolfgang Mayrhuber positiv entwickeln werde. Die Lufthansa werde veränderungsbereit bleiben und sich um den Ausgleich der Interessen bemühen. Bei Lufthansa bedeute Krisenbewältigung nicht automatisch Arbeitsplatzabbau und Entlassungen, betonte Weber. Aufgrund der bereits getroffenen Maßnahmen, unter anderem mit der Verkürzung der Arbeitszeit, gebe es derzeit keine Befürchtungen, dass die Lufthansa zu diesem „letzten“ Schritt greifen müsse. Eine konkrete Prognose für das laufende Geschäftsjahr gab Weber nicht. Ein positives Ergebnis werde aber wohl nicht mehr zu erreichen sein, auch wenn die Talsohle durchschritten sei.

Im ersten Quartal 2003 hatte die Lufthansa einen Rekordverlust von 356 Millionen Euro eingeflogen. Die Konjunkturflaute, der Irak-Krieg und vor allem die Lungenseuche Sars hatten auch die Lufthansa in den vergangenen Monaten schwer getroffen. Mittlerweile zeigen sich nach Angaben von Weber aber wieder „erste Silberstreifen am Horizont“: Vor allem im Geschäftsreiseverkehr in die USA gehe es langsam wieder aufwärts. „Wenn sich der Trend der letzten Wochen weiter verstärkt, werden wir auch am Ende dieses Jahres wieder besser dastehen als die meisten Wettbewerber.“

Sein Nachfolger Wolfgang Mayrhuber begann 1970 als Ingenieur bei der Triebwerksinstandhaltung der Lufthansa. 1992 übernahm der heute 56-Jährige die Leitung des Sanierungsteams und stand von 1994 bis Ende 2000 an der Spitze der Lufthansa Technik AG. Im Januar 2001 übernahm er im Konzernvorstand das Ressort Passage und rückte am 1. April 2001 zum Vize-Vorsitzenden auf. Seinen Werdegang bezeichnete Mayrhuber als „ganz normale Ochsentour“.

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