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Wirtschaft: Zurück auf Los an der Börse

Mittelständler interessieren sich wieder für den Kapitalmarkt – die Regionalbörsen wollen ihnen entgegenkommen

Berlin (hop). Die deutschen Finanzmärkte bereiten sich auf neue Börsengänge vor. Vor allem einige Regionalbörsen denken derzeit über die Einführung spezieller Segmente oder Dienstleistungen für Börsenneulinge nach. Entsprechende Planungen bestätigten die Börsen BerlinBremen, Düsseldorf und Stuttgart auf Anfrage des Tagesspiegels. In München gibt es bereits den so genannten Prädikatsmarkt speziell für kleine Firmen. Die Deutsche Börse in Frankfurt bleibt indes zurückhaltend: Sie will keine Neuauflage des Neuen Markts und verzichtet auf ein Extrasegment für Börsendebütanten.

Die Zeichen für neue Börsengänge stehen allerdings gut. Zwar hat es in diesem Jahr bisher nur eine einzige neue Notierung gegeben, aber das Interesse vieler Firmen ist wieder geweckt. Jeder fünfte deutsche Mittelständler mit einem Umsatz von mehr als 35 Millionen Euro im Jahr denkt ernsthaft darüber nach, sein Unternehmen an die Börse zu bringen, sobald die Märkte wieder anziehen. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Aktieninstituts (DAI) hervor, die in der vergangenen Woche in Berlin vorgestellt wurde. Die Erlöse wollen die Unternehmen für eigenes Wachstum und Firmenkäufe verwenden. Der Bedarf an Börsengängen sei groß, sagte DAI-Vorstand Rüdiger von Rosen. „Deutschland hat ein erhebliches Potenzial an kapitalmarktorientierten Unternehmen.“

Firmen fehlt Kapital für Investitionen

Von Rosen verwies auf die im internationalen Vergleich sehr niedrige Eigenkapitalquote von deutschen Mittelständlern. Alfred Tacke, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, sagte: „Viele Unternehmen haben die Konsolidierung der letzten Jahre durchgestanden. Aber jetzt brauchen sie vor dem Aufschwung wieder Kapital für Investitionen.“ Und zur Finanzierung seien sie verstärkt auf die Börsen angewiesen. Tacke sagte, zurzeit seien die Banken sehr zurückhaltend mit Firmenkrediten – „und das wird sich kaum ändern“.

Viele Kandidaten würden allerdings von den Anforderungen an Börsenneulinge abgeschreckt, beklagten Tacke und von Rosen. Das DAI fordert daher, wieder ein eigenes Segment für Neuemissionen zu schaffen. Tacke zufolge müssten auch die Berichtspflichten gelockert werden. Das DAI hat herausgefunden, dass 90 Prozent der Unternehmen am Neuen Markt ihrer Berichtspflicht gar nicht oder unvollkommen nachgekommen sind. „Alles, was ein Dax-Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung und PR-Abteilung kann, schafft ein kleines Unternehmen oft nicht“, sagte von Rosen.

Auf die besondere Lage von kleineren Unternehmen wollen vor allem die Regionalbörsen verstärkt eingehen. „Für uns ist dieser Bereich interessant“, sagte Petra Greif, Sprecherin der Börse Berlin-Bremen, dem Tagesspiegel. Allerdings gebe es noch keine festen Pläne für den Markt. Auch Thomas Spengler von der Börse Stuttgart sagte: „Wir haben das Thema nie ganz fallen gelassen.“ Allerdings sei es schwierig umzusetzen. Am Neuen Markt seien viele Unternehmen mit den Informationspflichten – zum Beispiel den Quartalsberichten – überfordert gewesen. Damals hätten einige Firmen Rückstellungen für die dadurch anfallenden Kosten von einer Million Mark machen müssen. „Bei kleinen Unternehmen konnte das über Gewinn oder Verlust entscheiden“, so Spengler. „Man muss aufpassen, dass man die Firmen nicht erdrückt.“ Man arbeite jetzt an einem neuen Konzept, um das sicherzustellen.

Auch die Börse Düsseldorf ist dabei, eine Lösung für die Probleme kleinerer Firmen zu finden. Mit dem Ende des Neuen Marktes habe sich eine Lücke aufgetan. „Dieses Segment fehlt“, sagte der Sprecher der Börse Düsseldorf, Steffen Pörner. „Wir überlegen, so etwas zu machen.“ Dabei sei der Börse durchaus bewusst, dass „der Neue Markt bei den Anlegern tiefe Wunden hinterlassen“ hat.

Deshalb wird es auch noch bis ins kommende Jahr dauern, bis es wieder mehr Börsengänge geben wird, schätzt Andreas Schmidt, Geschäftsführer der Börse München. Sein Finanzplatz hat schon seit Jahren mit dem Prädikatsmarkt ein Segment gerade für kleine Firmen geschaffen – mit weniger scharfen Berichtspflichten. 2004 werde es in Deutschland Neuemissionen im zweistelligen Bereich geben, schätzt Schmidt. 300 Börsengänge wie während der Aktieneuphorie werde man allerdings auch 2005 noch nicht sehen. Für eine erfolgreiche Neuemission müssten die Unternehmen bessere Geschäftszahlen vorweisen. „2003 ist für viele problematisch, gute Zahlen wird es erst ab dem ersten Halbjahr 2004 geben.“

Die Börse Frankfurt gibt sich gelassen. Im General Standard, einem der beiden Marktsegmente der Börse, gebe es weniger aufwändigere Berichtsanforderungen, sagte Sprecher Frank Hartmann: „Der ist genau dafür gestrickt.“ Aus Sicht der Börse Frankfurt gebe es keinen Handlungsbedarf. Ein eigenes Segment für Neuemissionen sei nicht nötig. Hartmann: „Was wir brauchen, sind Börsengänge.“

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