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Wirtschaft: Zusätzliche Arbeitsplätze nur noch im Dienstleistungsbereich

BERLIN .Werner Väths Optimismus fand nur eingeschränkt Zustimmung.

BERLIN .Werner Väths Optimismus fand nur eingeschränkt Zustimmung."Die Zukunft der Arbeit - Abschied vom Sozialstaat?" sei als Fragestellung wohl überholt, meinte der Vizepräsident der Freien Universität, da die Zukunft des Sozialstaats explizit auf dem Programm der neuen Bundesregierung stehe.Anläßlich des 50jährigen Jubiläums hatten FU und Tagesspiegel am Donnerstag abend zu einer Diskussion über Arbeitsmarkt und Sozialsysteme geladen.Stefan Leibfried vom Zentrum für Sozialpolitik an der Uni Bremen beklagte insbesondere die "reaktive, retrospektive und kompensationslastige" Ausrichtung des deutschen Sozialstaats, der "Geld für Kinder ausgibt, die in den Brunnen gefallen sind".Es werde viel in die sozialen Auffangsysteme, aber wenig in die Zukunft investiert.Anders als in den angelsächsischen Staaten sehe man in der Bundesrepublik "die bildungs- und sozialpolitischen Dinge nicht zusammen".Schließlich sei die "zu enge Kopplung des Sozialstaats an die Erwerbsarbeit" und die "Beitragsfixiertheit" problematisch.In Dänemark beispielsweise stammten 70 Prozent der Sozialausgaben aus Steuermitteln und 30 Prozent aus Beiträgen, in Deutschland verteilten sich die Anteile genau umgekehrt.Tagesspiegel-Herausgeber Heik Afheldt zufolge sollte nicht die Finanzierbarkeit im Vordergrund der Sozialstaatdebatte stehen.Vielmehr gehe es um "das gesellschaftspolitische Leitbild" bei der Reform der Sozialsysteme.Konkret um "mehr Eigenvorsorge und Eigenverantwortung".

Weitgehend einig waren die Diskutanten in ihrer Erwartung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten.In der Industrie, so Schering-Vorstand Hubertus Erlen und Hermann Borghost von der IG Bergbau, Chemie, Energie, könne bestenfalls der gegenwärtig Stand an Arbeitsplätzen gehalten werden.Dagegen sei im Bereich Dienstleistungen Beschäftigungspotential gegeben.Allerdings, so Erlen, müßten "bezahlbare Formen der Erwerbsarbeit" gefunden werden.Gegenwärtig seien Dienstleistungen zu teuer und würden aufgrund der Kosten vor allem in sozialversicherungsfreien Bereichen erbracht, beispielsweise als Schwarzarbeit.

Bei der Zukunft der Arbeit geht es Leibfried zufolge im wesentlichen um die Zukunft der unqualifizierten Arbeit.Rund zehn Prozent eines jeden Jahrgangs verlasse das Ausbildungssystem ohne Hauptschulabschluß, was zu einer "Ghettobildung" führen könne.Klaus F.Zimmermann, Wissenschaftlicher Direktor des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit in Bonn, sprach von einer "dramatisch verschlechterten Position" der Nichtqualifizierten.In Ostdeutschland sei jeder zweite Arbeitslose ohne Ausbildung.Zimmermann plädierte für Lohnzuschüsse bei der Einstellung von Arbeitslosen sowie eine "selektive Zuwanderung": Demnach sollten qualifizierte Menschen einwandern dürfen, um dann in der Bundesrepublik Arbeitsplätze für unqualifizierte zu schaffen.

Afheldt betonte den relativen Bedeutungsverlust der Erwerbsarbeit gegenüber den Einnahmen aus Kapitalvermögen.Diese Vermögenseinkommen müßten "vestärkt und gleicher verteilt werden".Er widersprach dem Gewerkschafter Borghost im Hinblick auf mögliche Effekte des vorgezogenen Ruhestands.Es sei ein "Denkfehler, zu glauben, daß man ausscheidende Alte durch Junge ersetzen kann", meinte Afheldt.Borghorst dagegen verteidigte das Altersteilzeitgesetz und gab sich erwartungsvoll, daß im Rahmen des Bündnisses für Arbeit ein sogenannter Tariffonds geschaffen werden könne, aus dem beim vorzeitigen Ausscheiden die Rentenabschläge ausgeglichen werden könnten.

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