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Wirtschaft: Zwanglos ausbilden

Regierung und Wirtschaft verlängern den Ausbildungspakt – den Gewerkschaften reicht das nicht

Berlin - Die Bundesregierung hat die Ausbildungsplatzumlage endgültig zu den Akten gelegt. „Es wird keine Abgabe geben“, sagte Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) am Montag. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) kündigte an, dass stattdessen der Ausbildungspakt mit der Wirtschaft bis 2010 verlängert werden soll. Er vertraue darauf, dass dieses Instrument besser funktioniere als eine staatliche Abgabe. Die Gewerkschaften hatten zuvor eine Umlage für ausbildungsunwillige Unternehmen gefordert.

Handwerk, Industrie und Handel haben 2005 doppelt so viele neue Lehrstellen geschaffen wie zugesichert. Unter dem Strich bleibt aber ein Minus von kanpp drei Prozent gegenüber dem Vorjahr, weil mehr betriebliche Lehrstellen weggefallen sind als neu hinzukamen. Die Zahl der neuen Verträge sank nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) von 573 000 auf 550 200.

Trotz heftiger Kritik der Gewerkschaften zogen Bundesregierung und Vertreter der Wirtschaft eine positive Bilanz. „Der Pakt war ein großer Erfolg“, sagte Wirtschaftminister Glos. Müntefering erinnerte die Arbeitnehmervertreter an ihre Mitverantwortung für die Situation von Jugendlichen auf dem Ausbildungsmarkt. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun, sagte, eine Ausbildungsabgabe hätte die Lage „Verschlimmert statt verbessert“. Handwerkspräsident Otto Kentzler sagte, wenn bei höherem Wirtschaftswachstum wieder mehr Arbeitsplätze entstünden, gebe es „automatisch mehr Ausbildungsplätze“.

Im Jahr 2005 haben die Kammern und Verbände 63 400 neue Ausbildungsplätze eingeworben. Etwa 40 000 Betriebe haben nach Angaben der Paktpartner zum ersten Mal junge Leute ausgebildet. Die Wirtschaft hatte sich 2004 verpflichtet, drei Jahre lang jeweils 30 000 neue Lehrstellen zu schaffen. Im Gegenzug hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung darauf verzichtet, eine Lehrstellenabgabe einzuführen. Die Gewerkschaften hatten den Pakt von Anfang an abgelehnt, weil er ihnen nichtverbindlich genug war. So wurde nicht festgelegt, dass es auch unter dem Strich ein Plus bei den Ausbildungsplätzen geben soll.

Zum Start des Ausbildungsjahres am 30. September 2005 gab es noch 40 900 Jugendliche, die keine Lehrstelle gefunden hatten. Kammern und Arbeitsagenturen konnten die Zahl der unversorgten Bewerber durch Nachvermittlung auf 15 200 verringern. Ein Teil der Jugendlichen wurde dabei in so genannte Einstiegsqualifikationen (EQJ) vermittelt – eine Art Praktikum im Betrieb.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte an, bis Ende des Jahres konkrete Vorschläge für eine Verbesserung der Lehrstellensituation zu machen. Vor allem an der „Nahtstelle zwischen Schule und Ausbildung“ müsse gearbeitet werden. DIHK-Präsident Braun forderte die Bundesländer auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, die Jugendlichen ausbildungsfähig zu machen.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Regina Görner bezeichnete den Ausbildungspakt als gescheitert. Weniger Ausbildungsverträge und eine um 108 000 höhere Jugendarbeitslosigkeit im Jahresschnitt belegten das Scheitern. „Das ist die schlechteste Ausbildungsbilanz der vergangenen zehn Jahre“, sagte Görner.

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