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Brandenburg: Wirtschaftsexperte: „Reichtum wird sein, wo Wissen ist“ Laut Leibniz-Institut muss die Region um Berlin verstärkt auf Hochschulen und Universitäten setzen

Erkner – Brandenburg setzt nach Ansicht von Experten immer noch zu stark auf traditionelle Industrien statt auf innovative dynamische Firmen und die Förderung von Universitäten und Hochschulen. Das erklärte Hans-Joachim Kujath, Vize-Direktor des Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) am Freitag.

Erkner – Brandenburg setzt nach Ansicht von Experten immer noch zu stark auf traditionelle Industrien statt auf innovative dynamische Firmen und die Förderung von Universitäten und Hochschulen. Das erklärte Hans-Joachim Kujath, Vize-Direktor des Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) am Freitag. Zwar sei der von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) angekündigte Kurswechsel richtig, die Förderpolitik auf die Metropolenregion um Berlin und auf Wachstumsbranchen auszurichten, betonte Kujath. „Es ist gut, dass das Land in Bewegung gekommen ist.“

Doch aus Sicht der Experten vom IRS wird nicht konsequent umgesteuert: Als Beispiel nannte Kujath das vom Wirtschaftsministerium vorgelegte neue Förderkonzept, künftig in Brandenburg 16 Branchen als „Wachstumsbranchen“ besonders zu fördern – darunter „Klassiker“ wie Maschinenbau, Metallverarbeitung oder selbst die Ernährungswirtschaft. Kujath: Platzecks Leitbild habe „in den Ministerien offenbar noch nicht Fuß gefasst“.

Die IRS–Wissenschaftler empfehlen der Politik, konsequenter auf die „Wissensökonomonie“ zu setzen. Wie die Alternative aussehen könnte, illustrierte Kujath am Beispiel von Cambridge in Großbritanien – einer Region, in der inzwischen Vollbeschäftigung herrscht. Im Umfeld der dortigen Universität seien Technologieparks entstanden, hätten sich viele Pharmakonzerne angesiedelt – um nahe an der Entwicklung neuer Produkte zu sein. Seine Erkenntnisse bringt Kujath auf eine kurze Formel: „Reichtum wird dort sein, wo Wissen ist.“

Berlin-Brandenburg hat nach Einschätzung des von Bund und Land finanzierten Leibniz-Instituts gute Chancen, sich in diesem Wettbewerb zu behaupten – dank der dichten Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. Allerdings: Bislang hinkt die deutsche Metropolenregion in ihrer wirtschaftlichen Dynamik nicht nur westeuropäischen Schwestern wie Paris, Amsterdam oder London hinterher – sondern auch osteuropäischen wie Warschau, Prag oder Moskau.

Allerdings dürfe man die wirtschaftliche Dynamik als Indikator nicht überbewerten, so Kujath. Zwar entstünden beispielsweise im Moskauer Umland auch viele Einkaufszentren und es gebe dort einen großen Nachholbedarf in der Infrastuktur so wie einst in Ostdeutschland nach 1990. Aber: „Die bisherigen Wissensschaftsstädte um Moskau siechen dahin.“ Und beim Wachstum der Dienstleistungsbranche – aus Sicht der Experten ein genauerer Gradmesser – stehe die Region Berlin auch im europäischen Vergleich heute „im vorderen Feld“.

Auf dem Weg zu einer „Region des Wissens“ um die deutsche Hauptstadt gibt es Vorzüge und Hemmnisse, wie eine Befragung des IRS von Firmen und Wissenschaftlern ergab: Nach diesem Ranking gelten als beste Standortfaktoren derzeit die Telekommunikationsinfrastruktur (genannt von 81 Prozent der Befragten), die günstigen Büromieten (77 Prozent), qualifizierte Arbeitskräfte (67 Prozent) und das Image (64 Prozent). Auf dem letzen Platz landet die „Nähe zu Fach- und Hochschulen, Forschungseinrichtungen“ (13 Prozent) – ein Hinweis auf Defizite bei der Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft in der Region. Noch ein Hemmnis: Mit der „Arbeitsweise von Politik und Verwaltung“ sind in der Metropolregion (also Berlin und dem näheren Umland) 56 Prozent der Befragten unzufrieden. Tatsächlich dauert es auch extrem lange, ehe die Politik die Erkenntnisse der Wissenschaft umsetzt: So verabschiedet sich Brandenburg jetzt zwar vom auf die Randregionen ausgerichteten Leitbild der „Dezentralen Konzentration.“ Seine einstigen Erfinder vom IRS hatten das aber schon im Jahr 2000 empfohlen.

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