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Academy Fellows: Die 2013/2014 Fellows

27 Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und ein Komponist aus den Vereinigten Staaten sind im akademischen Jahr 2013/2014 dem Ruf der American Academy in Berlin gefolgt. Der Berlin Prize ermöglicht den Academy Fellows ihren Studien nachzugehen, sich mit deutschen Kollegen auszutauschen, sowie am akademischen, kulturellen und politischen Leben in Berlin teilzuhaben.

LITERATUR

Kiran Desai

Holtzbrinck Fellow. Inspiriert von ihrem facettenreichen kulturellen Hintergrund schafft die Kiran Desai Figuren, welche die Verlockungen moderner Liebe mit der Macht traditioneller Rollen in Einklang bringen müssen. Ihr 2006 erschienener Roman „Erbin des verlorenen Landes“(2006) wurde in vierzig Sprachen übersetzt und mit mehreren Preisen ausgezeichnet. In Berlin wird Desai an ihrem neuen Roman „The Loneliness of Sonia and Sunny“ arbeiten, der Erscheinungsformen von Einsamkeit in unterschiedlichen geographischen, technischen und emotionalen Landschaften der globalisierten Welt nachgeht.

Ben Marcus

Mary Ellen von der Heyden Fellow in Fiction. Durch Gesetze, Bräuche, Kultur und Tradition werden wir angehalten, die Kleinfamilie zu verehren. Doch ist sie nicht immer so grandios. Während seiner Zeit in Berlin wird Ben Marcus, Schriftsteller und Professor für kreatives Schreiben an der Columbia University in New York, an einem neuen Roman arbeiten, der die intensiven und bisweilen verstörenden Dynamiken des Familienlebens reflektiert. Zunächst wird er mit seiner kürzlich erschienen Sammlung von Kurzgeschichten „An Land Gehen“ eine Lesereise durch Deutschland machen.

Leslie Dunton-Downer

Daimler Fellow.Am Vorabend des 11. Septembers 2001 entdeckte die Schriftstellerin Leslie Dunton-Downer die Gesangsstimme des Muslims Aqnazar in der Gebirgsregion Tadschikistans. Später lernte sie klassisches Persisch und Tadschikisch, führte bei einem Theaterstück für Aqnazar in Paris Regie, war Koproduzentin eines Dokumentarfilms. Dunton-Downers Memoirenprojekt „The Rumi Singer“ nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die musikalische Landschaft Tadschikistans im Kontext der globalen Ereignisse rund um den 11. September.

Dexter Filkins

Dirk Ippen Fellow.Dexter Filkins kennt man durch seine Reportagen über die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie durch seine wegweisende Berichterstattung der sich zuspitzenden militärischen und politischen Krise der USA in der Region. 2002 wurde Filkins für den Pulitzerpreis nominiert, 2009 gewann er ihn, 2008 erschien „Der ewige Krieg“, in dem er seine Erlebnisse im Irak und in Afghanistan schildert. Inzwischen ist er Journalist beim „New Yorker“. In Berlin wird er an einem historischen Roman arbeiten, der sich zwischen Europa und Pakistan bewegt.

Jonathan Lethem

Mary Ellen von der Heyden Fellow in Fiction. Jonathan Lethem, MacArthur-Fellow und Autor preisgekrönter Bücher wie „Motherless Brooklyn“ (1999) und „ Die Festung der Einsamkeit“ (2004), ist in Berlin, um an einem Projekt weiterzuarbeiten, das er „Love Boy, The Class, and Other Future Fictions“ nennt, einem Bündel von Romanen und Novellen, die noch in Arbeit sind. Ein weiterer Baustein seines Rufs: Lethem hat den Roy-E.-Disney-Lehrstuhl für Kreatives Schreiben am Pomona College inne, dessen voriger Inhaber David Foster Wallace war.

KUNST UND MUSIK

Huma Bhabha

Guna S. Mundheim Fellow in the Visual Arts. Huma Bhabha ist dafür bekannt, sich mit der Figur des Menschen zu befassen und gefundene Materialien zu verwenden. Ihre Werke haben einen Hang zum Grotesken. Nur wenige Künstler haben den Pathos der promethischen Selbstüberschätzung so kraftvoll zum Ausdruck gebracht wie die in Pakistan geborene amerikanische Bildhauerin, deren Werke Teil der Sammlungen des Whitney Museums und des MoMA sind. In Berlin will sie die Wiederbelebung der Möglichkeiten der Figurierung fortführen und Bronzeskulpturen für eine Ausstellung 2014 entwickeln.

Latoya Ruby Frazier

Guna S. Mundheim Fellow in the Visual Arts. Die Fotografin und Medienkünstlerin LaToya Ruby Frazier – deren Werke im Rahmen der Whitney Biennial (2012) in New York, der Biennale di Venezia (2011) und der PS1 im MoMA (2010) gezeigt wurden – glaubt, dass Eisenhüttenstadt einen faszinierenden Vergleichspunkt zu Braddock in Pennsylvania darstellt, wo sie lange lebte und arbeitete. Fraziers herzzerreißendes Werk berichtet in Projekten, die Gesellschaftsdokumentation und Alltagssprache verschmelzen, vom Niedergang Braddocks einst florierender Stahlbranche.

Matthew Goodheart

Inga Maren Otto Fellow in Music Composition.Matthew Goodheart ist ein Komponist, Improvisations- und Klangkünstler aus San Francisco, dessen Werke in ganz Nordamerika und Europa aufgeführt wurden. Nach einer Zeit als Free-Jazz-Pianist entdeckte er seine Freude am Komponieren wieder, wobei er sich auf Mikrotonalität, Akustik und räumliche Eigenschaften des Klangs konzentrierte. In Berlin wird Goodheart seine Arbeit an einem eigenartig komplexen Stück für vierzehn Musiker, aufgeteilt in vier Ensembles, sowie acht computergesteuerte Percussion-Instrumente aus Metall beginnen.

Dominique Nabokov

Dirk Ippen Fellow. Dominique Nabokov begann ihre Karriere als Assistentin des Star-Modefotografen Patrick Demarchelier, bis sie ab 1980 ihren eigenen – erfolgreichen – Weg ging. Ihre Mode-, Portrait- und Innenaufnahmen erschienen im „New Yorker“, der „Vogue“, „Vanity Fair“, „Le Monde“, „Nouvel Observateur“ und vielen anderen Magazinen. Zu Nabokovs Büchern „New York Living Rooms“ (1998) und „Paris Living Rooms“ (2002) wird sich bald ein drittes gesellen: „Berlin Living Rooms“, an dem sie seit 2012 arbeitet.

GESCHICHTE

Warren Breckmann

Siemens Fellow.Wie kommt es, dass Machiavelli, der Erztheoretiker der zynischen politischen Manipulation, in letzter Zeit eine große Rolle in mehreren Projekten zur Vertiefung der Erfahrung von Demokratie spielte? In Berlin wird der Historiker Warren Breckman von der University of Pennsylvania dieser kuriosen Entwicklung nachgehen und sich dabei in das politische Gedankengut Europas – vornehmlich Arendt, Strauss und Schmidt – sowie in einige Abhandlungen linker Theoretiker stürzen, die Machiavelli bemühen, um ihre Versionen von Demokratie zum Ausdruck zu bringen.

James Brophy

Nina Maria Gorrissen Fellow in History. Die Deutschen sind politisch; so ist's seit eh und je. Um das zu beweisen, untersucht James Brophy, Historiker an der University of Delaware, die Verbindungen zwischen dem deutschen Verlagswesen und der breiten Öffentlichkeit zwischen 1770 und 1870. Brophy wirft Schlaglichter auf die einzelnen Verleger jener Zeit und arbeitet so dynamisches politisches Engagement quer durch das ideologische Spektrum heraus, womit er den Mythos widerlegen möchte, dass die deutsche politische Kultur vor Bismarck grundsätzlich passiv, gehorsam oder der Obrigkeit verpflichtet war.

Wolf Schäfer

Anna-Maria Kellen Fellow.Einige Historiker der internationalen Politik vertreten die These, dass Diktaturen aufgrund ihres Wesens keine Atomwaffen entwickeln können – dass der Iran es folglich auch nicht tun wird. Wolf Schäfer, Historiker an der Stony Brook University in New York, arbeitet derzeit an einem Thema, das diese Annahme weiter erhellen soll: Er vergleicht das Manhattan-Projekt mit dem Atomprogramm der Nazis, um zu ergründen, wie funktionierende und nicht funktionierende Regierungs- und Verwaltungsfaktoren große, komplexe Forschungsprojekte zum Erfolg oder zum Scheitern führen können.

Tara Zahra

Berthold Leibinger Fellow.Während des Kalten Krieges wurde die „Gefangenschaft“ der Osteuropäer hinter dem Eisernen Vorhang zum Symbol für die kommunistische Unterdrückung. Laut der Historikerin Tara Zahra von der University of Chicago wurde sein Fundament bereits vor dem Ersten Weltkrieg gelegt. Auf der Grundlage von Archivforschungen in Österreich, der Tschechischen Republik, Polen, Frankreich und Deutschland weist Zahras Arbeit darauf hin, dass osteuropäische Bedenken zum Thema Auswanderung ebenso wie westliche Fremdenfeindlichkeit Gründe für die Verfestigung der Grenzen waren.

Dennis Dickerson

Siemens Fellow. Das Buch des Historikers Dennis Dickerson von der Vanderbilt University über den afroamerikanischen Bürgerrechtler William Nelson ist seit Langem überfällig. Nelson und andere Köpfe der Schwarzenbewegung der 50er Jahre waren zentrale Figuren für das Aufkommen der US-Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre. Dickersons Projekt liefert nun die hochverdiente Anerkennung Nelsons als Vermittler ghandianischer Gewaltlosigkeit, die zur Feuerprobe in Martin Luther Kings Kampf für Rassengerechtigkeit wurde.

Linda Henderson

Ellen Maria Gorrissen Fellow.Linda Henderson von der University of Texas gehört zu den zeitgenössischen Koryphäen im Bereich Geschichte der modernen Kunst. Sie hat unser Verständnis der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts revolutioniert. Dementsprechend wird es in ihrem Berliner Projekt zu den „Energies of Modernism“ nicht darum gehen, Lücken in der bestehenden Wissenschaft zu füllen, sondern vielmehr darum, die Art zu verändern, wie wir über moderne Kunst in Relation zur Wissenschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts denken.

Brian Linn

Bosch Public Policy Fellow. Es gibt Berge von Büchern über die US-Armee, die im Zweiten Weltkrieg kämpfte, aber erstaunlich wenige über ihre Nachfolgerin. Brian Linn, Historiker an der Texas A&M University, lässt Elvis Presley erzählen, wie sich das Militär in der Nachkriegsära veränderte, einer Zeit, in der Millionen dazu „ausgebildet“ wurden, ideale US-Bürger zu werden. Linns Erfahrungen in Deutschland werden eine zentrale Rolle für seine Darstellung des symbiotischen Verhältnisses zwischen Westdeutschland und den US-Soldaten während des Kalten Krieges spielen.

Ronald Suny

Anna-Maria Kellen Fellow. Der Leiter des Eisenberg Institute of Historical Studies an der University of Michigan publizierte das Buch „A Question of Genocide“ über die Ursachen des Völkermordes an den Armeniern. In Berlin möchte er der Frage des „Warum“ dieses Genozids noch näher auf den Grund gehen. Anstatt allein nationale oder religiöse Konflikte für die Massaker verantwortlich zu machen, stellt er ein Narrativ der Bedrohung ins Zentrum, das den Türken die Auslöschung der Armenier als rationale Selbstschutzmaßnahme erscheinen ließ.

INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN

Andrew Nathan

Axel Springer Fellow. Das Konzept der Allgemeingültigkeit der Menschenrechte ist das Fundament der internationalen Menschenrechtsgesetze. Der Politologe Andrew Nathan von der Columbia University in New York ist der Ansicht, dass die Menschenrechte nicht als vollendete Leistung angesehen werden dürfen; sie erfordern die erneute Kultivierung von Normen. In Berlin wird Nathan europäische Außenministerien untersuchen, die sich mit Menschenrechtsfragen befassen, um seine Forschung zur Zukunft des Systems der Menschenrechte voranzutreiben

David Scheffer

Bosch Public Policy Fellow. David Scheffer war der erste Sonderbotschafter für Kriegsverbrechen und ist derzeit Juraprofessor an der Northwestern University in Illinois. Sein Logenplatz als politischer Entscheidungsträger und Berater Madeleine Albrights während des Balkankonflikts wird sich für ihn als nützlich erweisen. Denn in Berlin will Scheffer die US-Politik während dieser Jahre untersuchen, wobei er sich auf persönliche Notizbücher, inzwischen zugängliche Geheimtelegramme und themenspezifische Interviews mit politischen Schlüsselfiguren der Zeit stützt.

George Packer

Axel Springer Fellow. Wo ließe sich ein Buch über Richard C. Holbrooke besser schreiben als in der American Academy in Berlin? Gründete jene strahlende Figur der US-Diplomatie doch die Institution 1994, nur ein Jahr vor seinen erfolgreichen Verhandlungen zum Abkommen von Dayton, selbst. George Packer, Literaturpreisträger und Journalist beim „New Yorker“, dessen kürzlich erschienenes Buch „The Unwinding“ von Kritikern hoch gelobt wurde, will Holbrookes Karriere von Vietnam nach Afghanistan und Pakistan, seiner letzten diplomatischen Mission, nachzeichnen.

Laura Secor

Axel Springer Fellow. Die Wahl von Hassan Rouhani zum iranischen Präsidenten im Juni scheint ein Sieg für die Reformer zu sein. Nachdem die oppositionelle Grüne Bewegung 2009 niedergeschlagen wurde, scheint nun neue Hoffnung aufzukeimen. Die Journalistin Laura Secor verfolgt den politischen Wandel des Landes bereits seit Langem. In Berlin wird sie im Wesentlichen an ihrem Buch „Fugitives from Paradise“ weiterarbeiten, einer Mischung aus intellektueller Geschichte, Biografie und Bericht über das Aufkommen demokratischer Reform im Iran.

GEISTESWISSENSCHAFTEN

Dietrich Neumann

Nina Maria Gorrissen Fellow in History. Die Neue Nationalgalerie ist eines der charakteristischsten Werke des visionären Architekten Ludwig Mies van der Rohe, dessen architektonisches Erbe in Berlin bereits Jahrzehnte zuvor etabliert war. Dietrich Neumann, Professor für moderne Architektur und Urbanistik an der Brown University in Providence ist mit dem Ziel nach Berlin gekommen, die Arbeit an einer kritischen Biografie Mies van der Rohes fortzusetzen, die des Meisters unverkennbaren Architekturstil des 20. Jahrhunderts in seinen gesellschaftlichen, intellektuellen und materiellen Kontext stellt.

Thomas Schestag

John P. Birkelund Fellow. Der französische Dichter und Essayist Francis Ponge (1899-1988) brauchte mehr als sein halbes Leben, um auch einmal „die Sonne“ als Gegenstand der Betrachtung wahrzunehmen. Der Literaturwissenschaftler Thomas Schestag arbeitet an einer Ausgabe von Ponges unveröffentlichtem Dossier „Le Soleil“, wobei er sich anhand Ponges Notizbücher und Skizzen einen Überblick über die weitreichende Vorstellungskraft des Dichters verschafft und nebenbei auch Transkriptionen, Übersetzungen und geistreiche philologische Kommentare liefert.

Felicity Scott

German Transatlantic Program Fellow. In Anbetracht der Anzahl an Menschen, die aus umweltbedingten, sozialen oder kriegerischen Zwängen zu Migranten werden, ist Scotts Projekt sehr aktuell. In Berlin wird die Architekturprofessorin von der Columbia University die Reaktionen auf die Unruhen in Städten in Industrie- und Entwicklungsländern zwischen 1966 und 1979 untersuchen. Damals spielten Architekturformen eine Schlüsselrolle in der Handhabung städtischer Bevölkerungen.

Sylvia Nasar

Holtzbrinck Fellow Weshalb trafen einige sehr intelligente Menschen am Ende des Zweiten Weltkriegs einige sehr schlechte Entscheidungen – besonders westliche Intellektuelle, die mit den Sowjets kollaborierten? Die Journalistin und Schriftstellerin Sylvia Nasar, Verfasserin der Bestseller-Biografie „Genie und Wahnsinn“ (2001), ist in Berlin, um eine Antwort zu finden. Hier will sie Archivspuren der Kollaborateure verfolgen, so auch die von dem OSS-Offizier Jürgen Kuczynski.

Janet Richards

Ellen Maria Gorrissen Fellow. Es heißt, dass ein Blick in die Vergangenheit beim Lernen für die Zukunft hilft. Diesen Rat beherzigt auch die Ägyptologin Janet Richards von der University of Michigan, die das Abydos Middle Cemetery Project leitet, eine Erforschung einer Totenhalle aus dem späten dritten Jahrtausend vor Christus, in der das Grab des Beamten Weni des Älteren entdeckt wurde. In Berlin plant Richards, ihr Buch „Writing Ancient Lives“ fertigzustellen, das von den Reaktionen der alten Ägypter auf große politische Krisen handelt.

Susan Stewart

John P. Birkelund Fellow. Die Lyrikerin und Kritikerin Susan Stewart, MacArthur-Fellow des Jahres 1997 und Gewinnerin des Book Critics Circle Award 2003, kommt von der Princeton University nach Berlin, um zwei Projekte abzuschließen. Das erste befasst sich mit der Darstellung von Ruinen in der westlichen Kunst und Literatur. Das zweite ist einer neuer Gedichtband. Für beide wird sie das Kupferstichkabinett und die Drucksammlungen der Gemäldegalerie besuchen, um Quellenmaterial sowohl mit kritischer als auch mit poetischer Stimme zu begegnen.

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