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Komet Ison

© ESO

Adventskomet: Warten auf Ison

Am Donnerstag zieht der Schweifstern an der Sonne vorüber. Dabei entscheidet sich, ob Ison zum Himmelsspektakel wird oder ob es den Kometen zerreißt.

Von Rainer Kayser, dpa

Als Jahrhundertkomet sollte er Anfang Dezember hell wie der Vollmond leuchten, mit einem Schweif, der sich über den halben Abendhimmel erstreckt. Doch Kometen sind launische Gesellen. Selten halten sie sich an die Prognosen der Astronomen. Und Ison entpuppt sich als besonders eigenwilliges Exemplar. So ist wenige Tage vor seinem Erscheinen am Abendhimmel immer noch unklar, ob sich Komet Ison tatsächlich zu einem Himmelsspektakel entwickelt.

Als der Schweifstern am 21. September 2012 entdeckt wurde – damals noch zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Jupiter und Saturn – war er bereits ungewöhnlich hell. Außerdem bewegte er sich auf einer extremen Ellipsenbahn, die ihn bis auf 1,8 Millionen Kilometer an die Sonne heranführt. Das entspricht etwa einem Hundertstel des Abstandes zwischen Erde und Sonne. Beides zusammen versprach Astronomen zunächst extrem hohe Werte für die maximale Helligkeit und Größe des Kometen.

Wie ein Komet sich entwickelt, hängt von der Beschaffenheit seiner Oberfläche und seiner Stabilität ab. Kometen sind keine festen, felsigen Körper, sondern ein Gemisch aus Gesteinsbrocken und Staub, eingebettet in gefrorene, flüchtige Substanzen wie Wasser, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Methan. Der eigentliche Himmelskörper – der Kern des Kometen – ist nur wenige Kilometer groß.

Wenn der Komet sich der Sonne nähert, bildet sich ein Schweif

Wenn er sich der Sonne nähert, verdampfen die flüchtigen Bestandteile und reißen dabei Staubpartikel mit sich. Es entsteht eine Hülle aus Gas und Staub, die typischerweise hunderttausend Kilometer durchmessende Koma. Durch den Druck der Sonnenstrahlung und des Sonnenwinds bildet sich schließlich der eindrucksvollste Teil des Kometen, der Schweif. Er kann zehn bis hundert Millionen Kilometer lang werden. Zum Vergleich: Die Erde zieht 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt ihre Bahn.

Galten Kometen früher als „schmutzige Schneebälle“ – gefrorenes Material mit vergleichsweise wenig festen Bestandteilen –, so haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass sie eher „eisige Schmutzbälle“ sind: Staub und Gesteinsbrocken dominierten deutlich gegenüber den flüchtigen, gefrorenen Substanzen. Wie aktiv ein Schweifstern ist und wie viel Materie in Sonnennähe verdampft, hängt von der Dicke und Stabilität seiner Kruste ab – und dies wiederum davon, wie oft der Komet bereits an der Sonne vorübergeflogen ist. Ison ist vermutlich ein „frischer“ Komet, der erstmals in das innere Sonnensystem eindringt. Solche frischen Kometen sind anfangs oft ungewöhnlich hell und bleiben später hinter den daraus abgeleiteten Vorhersagen zurück.

Das traf auch auf Ison zu: Bis in den November zeigte er sich fünf- bis zehnmal schwächer als nach den ersten Prognosen. Dann jedoch stieg seine Helligkeit mehrmals sprunghaft an. Forscher vermuten, dass kleinere Bruchstücke vom Kometenkern abgeplatzt sind und zu den Helligkeitsausbrüchen geführt haben. Das ist zugleich die größte Gefahr, die Ison droht: Bei seinem Rendezvous mit der Sonne am heutigen 28. November könnte die Schwerkraft unseres Zentralgestirns den kleinen Körper zerreißen.

Ende Dezember könnte der Komet die ganze Nacht über sichtbar sein

Wenn Ison den Vorbeiflug an der Sonne übersteht, wandert der Komet von der Erde aus gesehen am Himmel steil nach Norden. Dadurch könnte er – ausreichende Helligkeit vorausgesetzt – ab Anfang Dezember zunächst sowohl in der Morgen- als auch in der Abenddämmerung, später im Monat die ganze Nacht hindurch am Himmel sichtbar sein. In den ersten Tagen des Monats lohnt sich insbesondere der Blick in der Morgendämmerung nach Osten. Treffen die optimistischen Vorhersagen zu, so könnte der Schweif des Kometen einem Scheinwerferstrahl ähnlich vom östlichen Horizont aus in den Himmel hinaufragen.

Launisch. Nur wenn er hell genug strahlt, wird Ison im Dezember am Sternenhimmel zu sehen sein.
Launisch. Nur wenn er hell genug strahlt, wird Ison im Dezember am Sternenhimmel zu sehen sein.

© dpa-infografik

Etwa ab dem 5. Dezember könnte Komet Ison auch am Abendhimmel in Erscheinung treten, und zwar zunächst in der Dämmerung tief am nordwestlichen Horizont. Da sich der Komet von der Sonne entfernt, steigt er Tag für Tag höher über dem Horizont auf und ist damit am dunkleren Himmel besser auszumachen. Gleichzeitig nimmt seine Helligkeit aber auch schnell wieder ab. Hinzu kommt, dass der zunehmende Mond von Tag zu Tag heller leuchtet und so die Beobachtung des Kometen erschwert. Wenn der Mond dann endlich spät genug aufgeht, ist Ison wahrscheinlich kaum noch mit bloßen Augen zu erkennen. Ein Fernglas und ein Aufsuchkärtchen, wie sie zum Beispiel im Internet auf astronomie.de zu finden sind, können dann bei der Suche nach dem Schweifstern helfen.

Doch Prognosen sind bei Kometen mit Vorsicht zu genießen. Ein neuer Komet kann sich als Flopp erweisen – er kann aber auch nach seinem Vorübergang an der Sonne zu einer unerwartet spektakulären Erscheinung werden.

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