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AhA: Warum hat das Hirn so viele Windungen?

Sie meinen also, Sie lägen in der Spitzengruppe? Sie wären ein großer Kopf? Mit nicht einmal drei Pfund Hirnmasse? Ein Wal hat immerhin zehn Kilo zu bieten.

Das ficht Sie natürlich nicht an, denn der ist ja riesig. Man muss das Ganze in Relation zur Körpergröße betrachten. Dann schneiden Sie im Vergleich zur Spitzmaus allerdings schlecht ab. Bei ihr macht das Hirn satte zehn Prozent des Körpervolumens aus, bei Ihnen sind es vielleicht zwei.

Der reine Größenvergleich lässt den Stolz des Homo sapiens auf ein ernüchterndes Ergebnis zusammenschmelzen: Sein Hirn liegt ganz gut im Trend. Viel mehr nicht. Macht es also auch hier nicht allein die Masse, sondern die Klasse?

Auffällig am Menschenhirn ist die stark gefaltete Großhirnrinde, Sitz unseres Gedächtnisses und Bewusstseins. Sie überdeckt nahezu alle anderen Hirnteile. In ihrer obersten, grauen Schicht liegen zig Milliarden Nervenzellen, die über Fasern in Verbindung stehen, jede von ihnen mit vielen Tausend anderen. Dieser Kabelwust bildet die weiße Hirnsubstanz.

Anfangs ist die Hirnrinde noch relativ glatt. Während der Embryonalentwicklung wandern die späteren Hirnzellen zu vorbestimmten Plätzen. Ihre Fasern wachsen, treffen auf andere Zellen und verknüpfen die Hirnregionen miteinander. „Die Fasern ziehen das Gehirn zusammen“, sagt Claus Hilgetag, Neurowissenschaftler an der Jacobs University Bremen. Wo sich viele Stränge spannen, wölbt sich die Rinde nach außen, wo die Verkabelung locker ist, entstehen Furchen. „Ähnlich wie beim Sockenstopfen.“

Im Vergleich zu anderen Primaten wächst unser Hirn langsam und damit unter äußeren Einflüssen. Bei der Geburt hat es erst ein Viertel der endgültigen Größe erreicht, nach einem Jahr gerade einmal die Hälfte. Erst wenn zum Beispiel das für die Sprache wichtige Broca-Areal ausgereift ist, beginnen Kinder mit der grammatikalischen Sprachentwicklung.

Weil sich das Hirn so stark windet, ist seine Oberfläche groß. Zugleich können Zellen auseinanderliegender Rindenteile über ummantelte Fasern sehr schnell miteinander kommunizieren. Bei Frauen mit ihrem – aufgrund der insgesamt geringeren Körpergröße – etwas kleineren Hirn ist die Rinde noch stärker gefurcht als bei Männern. „Das macht den Größenunterschied wieder wett.“

Wie sehr die gute Verkabelung zur spezifisch menschlichen Intelligenz beiträgt, bleibt bis auf weiteres offen. Die Hirnforscher bewegen sich in einer Grauzone. Thomas de Padova

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