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AhA: Warum laden sich Haare elektrisch auf?

Der „elektrische Kuss“ war im 18. Jahrhundert ein beliebtes Salonvergnügen.

Der „elektrische Kuss“ war im 18. Jahrhundert ein beliebtes Salonvergnügen. Eine Frau stellte sich auf eine Elektrisiermaschine, jeder Versuch, sie zu küssen, wurde mit einem kleinen elektrischen Schlag geahndet.

Elektrisiermaschinen beruhen auf der Reibung zweier Materialien, etwa einem Lederkissen, das über eine rotierende Glasscheibe fährt. Zwischen den Stoffen können Elektronen hin und her wandern, weil verschiedenartige Atome ein unterschiedliches Bestreben haben, Elektronen an sich zu binden.

Bei elektrisch neutralen Atomen ist die Zahl der positiv geladenen Protonen im Atomkern genauso groß wie die der Elektronen in der Atomhülle. Verlieren solche Atome Elektronen oder nehmen welche auf, entsteht eine positive oder negative Gesamtladung. Das passiert nur, wenn sich unterschiedliche Atome bis auf wenige Millionstel Millimeter annähern. Einen derartigen Kontakt erzeugt man beim Reiben. Ein Luftballon etwa, den man am Pulli reibt, lädt sich auf und bleibt dann an der Wand haften. „Die Reibung selbst ist nicht die Ursache der elektrischen Spannung“, sagt Karl Helling, Gründer des Elektrostatik-Instituts Berlin. „Aber man erzeugt dadurch viele Kontaktstellen.“

Am stärksten laden sich Isolatoren auf. Sie haben keine oder eine nur geringe Leitfähigkeit, die ausgetauschten Elektronen machen sich nicht gleich wieder auf und davon und können beim Trennen des Kontakts nicht an ihre vorherigen Plätze zurückfließen. Glas, Gummi oder die alten Schellackplatten sind gute Isolatoren, auch Teppiche, Haare und Kunststoffkämme. Beim Kämmen tauschen Kamm und Haar Elektronen aus. Der Kamm zieht nun jedes Haar an, die Haare untereinander stoßen sich ab und stehen zu Berge, weil sie alle dieselbe Ladung tragen. Mit fettigen oder feuchten Haaren geschieht das nicht. Wasser etwa erhöht die elektrische Leitfähigkeit.

Bei trockener Luft an kalten Wintertagen laden sich Haare und andere Stoffe besonders leicht auf. Dann genügt es, die Mütze abzunehmen oder den Pulli über Kopf auszuziehen, und schon gewinnt die Frisur knisternd an Volumen. Oder man steigt aus dem Auto, der Mantel reibt über den Sitz und beim Griff an die Tür bekommt man eine gewischt.

Vor allem die moderne Mikroelektronik sei durch die elektrostatische Aufladung gefährdet, sagt Helling. Auch auf einer Intensivstation im Krankenhaus ist unter anderem zu beachten, welchen Bodenbelag man verlegt. Thomas de Padova

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