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Astronomie: Der unsichtbare Himmel

Zahlreiche künstliche Lichtquellen verwirren Mensch und Tier. Das Problem ist einer der Schwerpunkte im aktuellen Jahr der Astronomie.

Der Sternenhimmel fasziniert die Menschen seit Urzeiten. Jahrhundertelang navigierten Seefahrer mithilfe der leuchtenden Punkte, und manches Liebespaar, das örtlich getrennt war, schaute zeitgleich auf einen bestimmten Stern – und war sich plötzlich ganz nahe. In Zeiten von Radar, GPS und Mobiltelefonen blicken fast nur noch Astronomen zu den Sternen. Doch die sehen immer weniger. „Die vielen künstlichen Lichtquellen erhellen den Nachthimmel so stark, dass leuchtschwache Sterne oder Objekte wie die Milchstraße oft nicht mehr beobachtet werden können“, sagt Andreas Hänel vom Planetarium in Osnabrück und Sprecher der Arbeitsgruppe „Lichtverschmutzung“ beim Verein der Sternenfreunde.

Das Problem ist einer der Schwerpunkte im aktuellen Jahr der Astronomie. Es betrifft vor allem Hobbyforscher, deren Zahl Hänel auf rund 100 000 in ganz Deutschland schätzt. „Die Fachastronomen mit ihren Hochleistungsteleskopen sind längst in dunkle Gebiete umgezogen“, sagt er. Beispielsweise in die chilenische Atacamawüste, wo das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte steht.

Städte leuchten Dutzende Kilometer weit

„In Mitteleuropa gibt es kaum einen Ort, an dem man einen völlig dunklen Nachthimmel vorfindet“, sagt Hänel. Für seine Beobachtungen ist er im Sommer extra in die Ostalpen gereist. Doch auch dort war zumindest der Horizont von den Lichtglocken der umliegenden Städte erhellt, die mehrere Dutzend Kilometer weit strahlen.

Der Astronom weiß, dass diese Entwicklung nicht rückgängig gemacht werden kann – das will er auch nicht, weil zum Beispiel Straßenlaternen die Sicherheit erhöhen. Aber er möchte, dass wenigstens das Wettrüsten aufhört, bei dem ein Gebäude heller angestrahlt wird als das nächste. „Auch durch die Bauweise der Lampen kann man viel bewirken“, sagt er. Eine Straßenleuchte sollte vor allem die Fahrbahn erhellen und nicht die Fassaden der Häuser. „Sonst werden wir irgendwann keinen Sternenhimmel mehr sehen“, fürchtet Hänel. „Dann können wir ihn nur noch in Planetarien zeigen, so wie ausgestorbene Tiere und Pflanzen in Naturkundemuseen ausgestellt sind.“

Doch nicht nur für Astronomen ist der künstlich erhellte Nachthimmel ein Problem. Auch viele Tiere sind davon betroffen, oftmals mit tödlichen Folgen. Vor allem im Sommer lässt sich an manchen Laternen beobachten, wie nachtaktive Falter und Käfer immer wieder auf die Lampen zusteuern, bis sie infolge der Kollision oder der Hitze tot zu Boden fallen. Auch große Tiere werden vom Nachtlicht irritiert, berichtet Dirk Bernotat vom Bundesamt für Naturschutz: „Zum Beispiel Enten und viele Singvögel fliegen während ihres Zugs meist nachts, und besonders bei diesigem Wetter lassen sie sich von künstlichen Lichtquellen anlocken.“ Das hängt offenbar mit der Lichtstreuung an den winzigen Wassertropfen zusammen. Die Folge: Die Vögel kollidieren mit den Bauwerken und verletzen sich dabei oder sterben. „An Leuchttürmen wird das schon seit mehr als 100 Jahren beobachtet, aber heute gibt es viel mehr Gefahrenquellen: Sendemasten, Hochhäuser oder Ölplattformen auf dem Meer.“

Jeder kann etwas gegen die Himmelsbeleuchtung tun

Die größere Bedrohung für die Natur sieht er weniger in den leuchtenden Metropolen als in den wachsenden Siedlungen der Provinz. „In den Städten ist es seit Jahren rund um die Uhr hell, die meisten lichtempfindlichen Arten sind dort vermutlich längst verschwunden“, sagt er. Anders auf dem Land. Mit jeder zusätzlichen Laterne oder hell illuminierten Gewerbegebieten werden die bislang geschonten Lebewesen irritiert.

Jeder kann etwas dagegen tun, sagt Bernotat: Außenleuchten in geringer Höhe montieren, damit weniger Licht in die Umgebung gestreut wird, Zeitschaltuhren oder Bewegungsmelder nutzen und das passende Leuchtmittel verwenden. „Vor allem die blaue und ultraviolette Strahlung lockt die Tiere an“, sagt der Experte. Um das zu vermeiden, sollte man am besten Natriumdampflampen verwenden.

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