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Tanz der Schwarzen Löcher. Die gemessenen Gravitationswellen entstanden beim Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher - deren Vorgänger waren Riesensterne mit der vielfachen Masse unserer Sonne.

© Abb.: REUTERS

Astrophysik: Vom Riesenstern zur Gravitationswelle

Die erste Messung einer Gravitationswelle war ein Meilenstein der Physik. Forscher haben nun ihre Vorgeschichte rekonstruiert. Sie beginnt mit zwei gewaltigen Sternen.

Von Rainer Kayser, dpa

Im September empfingen zwei große Detektoranlagen in den USA erstmals Gravitationswellen aus dem fernen Kosmos. So bezeichnen Physiker minimale Stauchungen der Raumzeit, die Albert Einstein bereits vor hundert Jahren vorhergesagt hatte. Die erste Messung von Gravitationswellen gilt als Meilenstein in der Wissenschaft. Computersimulationen eines Forscherteams aus Polen und den USA zeigen jetzt, wie sich mit solchen Beobachtungen neue Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung von Sternen im frühen Kosmos gewinnen lassen. Die Gravitationswellen stammen demnach von Schwarzen Löchern, die ursprünglich Riesensterne mit der 40- bis 100-fachen Masse unserer Sonne waren, schreiben die Autoren im Fachblatt „Nature“.

Zwei Schwarze Löcher verschmolzen vor 1,3 Milliarden Jahren

„Bisherige Berechnungen haben keine zuverlässigen Aussagen über die Vorgängersterne der Schwarzen Löcher geliefert“, stellen Krzysztof Belczynski von der Universität Warschau und seine Kollegen fest. Das von den beiden Detektoranlagen namens Ligo aufgespürte Signal lässt sich zwar gut mit der Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern mit der 29-fachen und der 36-fachen Sonnenmasse in 1,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung erklären. Belczynski und Kollegen präsentieren jetzt aber erstmals detaillierte Simulationen der Entwicklungsgeschichte der beiden Sterne, aus denen die beiden Schwarzen Löcher hervorgegangen sind, die schließlich miteinander verschmolzen.

Bis zu 100-mal so viel Masse wie unsere Sonne hat

Sie simulierten dazu die Entstehung und Evolution zahlreicher Doppelsterne im frühen Kosmos. Für 32 verschiedene Anfangswerte der chemischen Zusammensetzung modellierten sie jeweils 20 Millionen Doppelsterne von der Zündung der Kernfusion über den Kollaps zu Schwarzen Löchern bis zur Verschmelzung. Dann verglichen sie die Ergebnisse mit den aus den Gravitationswellen abgeleiteten Daten für die Schwarzen Löcher und ermitteln so, welche ursprünglichen Systeme als Vorgänger infrage kommen. „Am wahrscheinlichsten ist ein System aus einem Stern mit der 40- bis 100-fachen Sonnenmasse und einem Stern mit der 40- bis 80-fachen Sonnenmasse“, sagt Belczynski.

Die Detektoren sollten rund 1000 Gravitationswellen pro Jahr messen

Die Forscher geben zu, dass ihre Modelle noch Unsicherheiten enthalten. So ist unklar, wie viel Masse die Sterne beim Kollaps zu Schwarzen Löchern ins All abstoßen und wie schnell sie sich in einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung, während der sie in eine gemeinsame Gashülle eingebettet sind, einander annähern. Doch die Autoren sehen ihre Simulationen als Rahmen für künftige Gravitationswellen-Ereignisse, die weitere Erkenntnisse über die Sternentwicklung im jungen Kosmos liefern und so diese Unsicherheiten beseitigen sollten.

Von solchen Ereignissen könnte es viele geben. Wenn Ligo und weitere Detektoren wie "Virgo" ihre volle Empfindlichkeit erreicht haben, sollten pro Jahr etwa 1000 Gravitationswellen von verschmelzenden Schwarzen Löchern aufgespürt werden, schätzt Belczynski.

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