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© dpa-Zentralbild

Auslandssemester: Kampf dem kurzen Bachelor

Die Zahl der deutschen Austauschstudenten ist rückläufig. Mit vierjährigen Programmen sollen Studierende jetzt leichter ins Ausland gehen können.

„Größtmögliche Mobilität der Studierenden“ forderten die europäischen Bildungsminister 1999 in ihrer Bologna-Erklärung. Doch das Ergebnis sieht anders aus: Die Zahl der deutschen Studentinnen und Studenten, die mit dem Erasmus-Programm ins Ausland gehen, war im Studienjahr 2007/08 erstmals seit zehn Jahren rückläufig, berichtete jüngst EU-Bildungskommissar Jan Figel. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hält nun dagegen. Mit dem Programm „Primus“ will er eine der Ursachen der sinkenden Auslandsaufenthalte bekämpfen: Die kurze Dauer der Bachelor-Studiengänge.

Denn wer die meist auf drei Jahre angesetzte Regelstudienzeit des Bachelor überschreitet, muss mit Nachteilen rechnen: Nach ihr richtet sich etwa die Höchstdauer der Bafög-Förderung. Urlaubssemester für den Auslandsaufenthalt können sich viele Studenten nicht leisten, weil sie in dieser Zeit kein Bafög erhalten. Das Bafög kann ins Ausland mitgenommen werden, aber nur, wenn die Studierenden eingeschrieben sind. Manche sorgen sich auch davor, bei künftigen Arbeitgebern als Trödler zu gelten.

Statt drei Jahren dauern Primus-geförderte Studiengänge vier Jahre. Ein Jahr davon müssen die Studenten im Ausland verbringen. Dafür erhalten sie finanzielle Unterstützung. „Das Programm stieß bei den Hochschulen auf großes Interesse“, sagt Wolfgang Gairing. Der DAAD-Referatsleiter für Internationalisierung von Studium und Lehre berichtet, dass sich 50 Hochschulen für das erstmals ausgeschriebene Programm beworben hatten. In der ersten Tranche wurden nun 15 Projekte bewilligt. Diese erhalten bis zu 80 000 Euro pro Jahr, die von den Hochschulen zum Teil zur Finanzierung von Strukturkosten verwendet werden können, also etwa für zusätzliches Personal. Geld fließt zudem in Stipendien für die Studenten.

Zu den bewilligten Konzepten zählen auch solche aus Berlin und Brandenburg, darunter der Internationale Bachelor Spanisch an der Humboldt-Universität (HU). Einen Spanisch-Bachelor gibt es dort bereits: dreijährig und ohne verpflichtenden Auslandsaufenthalt. Laut Stephanie Trigoudis, Koordinatorin für internationale Angelegenheiten an der Philosophische Fakultät II, hat das DAAD-Programm die Planung eines vierjährigen Bachelor-Studiengangs angestoßen. Ziel sei es, den Studenten zusätzliche Qualifizierung und Schwerpunktsetzung durch die wissenschaftliche Arbeit im Ausland zu ermöglichen. Erfolgreich war auch eine Bewerbung der Universität Potsdam mit dem Modellstudiengang Interdisziplinäre Russlandstudien. Dort stand allerdings schon vor der Bewilligung fest, dass der vierjährige Bachelor eingeführt wird. Dank der neuen Stipendien könnten die Studenten angemessen unterstützt werden, sagt Projektleiter Rolf-Rainer Lamprecht. Das Interesse am Auslandsjahr sei groß, nur hätten die Studenten im dreijährigen Bachelor einfach nicht genug Zeit dafür.

Stephanie Trigoudis kennt solche Ängste. „Aber an unserer Fakultät haben sie sich als unbegründet erwiesen.“ Zwar gab es auch an der Humboldt-Universität mit der Einführung der Bachelor-Studiengänge einen Einbruch bei den Auslandsaufenthalten. Inzwischen habe sich die Situation aber zumindest an ihrer Fakultät wieder stabilisiert. Trigoudis kümmert sich seit 2007 um auslandsinteressierte Studenten und hält Kontakt zu den Hochschulen im Ausland. „Zwischen den Partner-Universitäten und unseren Studienfachberatungen ist genau abgesprochen, welche Leistungen anerkannt werden. Somit entsteht den Studierenden kein Zeitverlust durch den Auslandsaufenthalt.“

Anders als bei den Individualförderprogrammen des DAAD bewerben sich die Studenten bei Primus direkt an der Uni um die Förderung. An der HU bedeutet das, sich zunächst für den dreijährigen Bachelor einzuschreiben und sich bei Interesse im ersten Jahr für den vierjährigen internationalen Studiengang zu bewerben. Wer angenommen wird, erhält ein Stipendium.

Günter Bartsch

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