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Tuebingen

© Thilo Rückeis

Ausstellung: Auf einem Lichtstrahl durch Tübingen

Neue Welt des Wissens: Die Max-Planck-Gesellschaft zeigt ihre Arbeit im "Science Tunnel“.

Durch eine rostige und knarrende schmiedeeiserneTür betritt man den wilhelminischen Prachtbau in der Invalidenstraße 42. Dahinter aber öffnet sich nicht etwa ein Tor zur Vergangenheit, sondern ein Fenster zur Zukunft. Im Lichthof des Hauses, das zur Humboldt-Universität gehört, präsentiert die Max-Planck-Gesellschaft ihre Arbeit. „Science Tunnel“ heißt die Wanderausstellung, die von heute an in Berlin Station macht.

„Unterwegs zum Urknall“ – so beginnt die Tunnelfahrt durch die „Berge des Wissens“, wie Andreas Trepte, Kurator der Ausstellung, sagt. Es geht um die Grundlagen des Universums, um Naturgesetze und die Entstehung von Materie. Wie konstant sind die Naturkonstanten wirklich? Grundlagenforscher stellen grundsätzliche Fragen.

Die Ausstellung arbeitet sich von den Anfängen der Zeit und den kleinsten Elementarteilchen immer weiter nach vorn. Hin zu den Bausteinen des Lebens, zur Materialforschung, der Ergründung des Bewusstseins, der Untersuchung von Ökosystemen – um schließlich wieder beim Universum zu enden. Mit der Frage: „Wie ist unsere Welt entstanden?“

Insgesamt sind es zwölf Stationen in Form offener Pavillons („Module“) rund um den Lichthof, in denen man die Forschung der Max-Planck-Gesellschaft kennenlernt. Durch die Idee, vom Kleinen ins Große zu gehen, haben die Ausstellungsmacher elegant das Problem gelöst, jedes Fachgebiet und Institut einzeln vorzustellen. Alles ordnet sich der Sache unter, dem Gegenstand der Forschung.

Daneben ermöglicht der „Science Tunnel“ dem Besucher, selbst zu experimentieren. So kann man ein Gedankenexperiment Einsteins nachvollziehen. Der Begründer der modernen Physik hatte darüber nachgedacht, wie es wäre, mit Lichtgeschwindigkeit auf einem Sandkorn durchs Universum zu reisen.

Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik verlegten den Schauplatz des Geschehens kurzerhand in die vom Computer rekonstruierte Altstadt Tübingens. Der Besucher sitzt auf einem Fahrradsattel vor dem virtuellen Tübingen und fährt durch die Stadt. Schon ein paar kräftige Tritte in die Pedale beschleunigen ihn auf „99 Prozent Lichtgeschwindigkeit“, wie die Anzeige auf dem Videoschirm verrät. Je schneller man wird, umso mehr biegen sich die Fachwerkfassaden – um schließlich zu einem Tunnel zu werden, durch den man hindurchzurasen scheint. Auf diese Weise erfährt man die Krümmung des Raums, wie sie die Relativitätstheorie postuliert, in der eigenen Wahrnehmung.

Trotzdem ist der „Science Tunnel“ eine anspruchsvolle Ausstellung. Wer durch diesen Tunnel fährt, sollte am besten schon ein Grundgerüst an Wissen besitzen und Interesse mitbringen. Hinzu kommt, dass der umfassende Charakter der Schau zwangsläufig dazu führt, dass ein Thema nicht wirklich vertieft wird.

Natürlich ist die Schau, die unter anderem in Tokio, Singapur, Shanghai, Seoul und Johannesburg zu sehen war, auch und vor allem ein Aushängeschild für den Wissenschaftsstandort Deutschland. Die Max-Planck-Gesellschaft als führende deutsche Organisation für „reine“ Grundlagenforschung hält sich dabei dezent im Hintergrund. Sie unterstreicht den Nutzen des puren Erkenntnisgewinns für unseren geistigen Horizont, ohne den potenziellen Mehrwert der Wissenschaft für Medizin, Technik, Ökologie und Ökonomie außer Acht zu lassen. Vermutlich würde eine Ausstellung japanischer, englischer oder amerikanischer Grundlagenforscher ganz ähnlich aussehen, denn die Wissenschaft ist längst international geworden.

Der Science Tunnel ist bereits der zweite seiner Art. Die erste Wanderschau tourte von 2001 bis 2004, und eine dritte Ausstellung wird schon geplant. Ein Grund dafür ist aus Sicht des Kurators Trepte der rasche Wandel des Wissens. „In den nächsten 20 Jahren wird es mehr Wissenschaftler geben als in den letzten 3000 Jahren, das Wissen wird mehr wachsen als in den letzten 100 Jahren.“

Die gleiche Ausstellung ist in Indien seit Ende Oktober 2007 in einem weiß lackierten Sonderzug als „Science Express“ durch mehr als 50 Städte unterwegs. „Wir haben extremen Zulauf“, sagt Trepte. „Mancherorts stellen sich die Menschen für drei bis vier Stunden an, um die Schau zu sehen. Das ist dort so etwas wie der Einbruch der Moderne.“

Hartmut Wewetzer

Bis zum 13. April im Thaersaal des Naturkundemuseums, Invalidenstraße 42. Täglich von 9 Uhr 30 bis 17 Uhr.

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