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Baden-Württemberg: Streit um den Lehrer-Bachelor

Universitäten im Südwesten boykottieren Beschluss zur Studienreform

Im Streit um neue Bachelor- und Master-Abschlüsse für angehende Lehrer boykottieren Baden-Württembergs Universitätsrektoren seit einem halben Jahr einen Beschluss des Landeskabinetts. Kaum zu halten ist damit der Zeitplan, nach dem die neuen Studiengänge für Gymnasiallehrer bereits im nächsten Winter starten sollten.

Die Regierung hatte am 3. Juli des vergangenen Jahres entschieden, das Lehrer-Staatsexamen durch die in anderen Fächern bereits üblichen Abschlüsse zu ersetzen. Doch Protest kommt seither von unerwarteter Seite. Rektoren, die zuvor auf die Reform gedrängt hatten, widersetzen sich. „Die Universitäten weigern sich, das so umzusetzen“, sagt der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, der Konstanzer Rektor Gerhart von Graevenitz.

Die Unichefs sehen ein Grundprinzip des neuen, gestuften Studiensystems in Gefahr: Das Land will beim Lehramt alle Absolventen des dreijährigen Bachelors für ein Masterstudium zulassen. Einzige Bedingung soll ein geleistetes Schulpraxissemester sein. Für die Rektoren ist das ein Bruch des Systems, das sie für die Diplom- und Magisterfächer einführen mussten. Hier dürfen nur besonders gute und notenbeste Bachelor-Absolventen ins Masterangebot aufsteigen.

Solch einen „Flaschenhals“ müsse es auch beim Lehramt geben, sagt von Graevenitz. Es stelle das neue Abschlusssystem infrage, wenn sonst nur von den Universitäten ausgewählte qualifizierte Kandidaten aufrücken dürften, beim Lehramt aber jeder. Auch drohe dem Lehramt so der Ruf eines Studiums für Leistungsschwache.

Das Kultusministerium argumentiert dagegen, mit Hinblick auf gesuchte Lehrer für Mangelfächer solle der Zugang nicht erschwert werden. Der Staat habe zudem das Monopol bei der Beschäftigung von Lehrern und damit besondere Verantwortung. „Der Bachelor erfüllt noch nicht die Voraussetzung, um Lehrer zu werden“, sagt eine Ministeriumssprecherin.

Die Rektoren aber verweisen darauf, auch Chemiker oder Ingenieure hätten beispielsweise angeführt, für ihre Berufe sei der Master qualifizierend und der Bachelor nicht viel wert. Doch stets hatten die Befürworter von BA und MA argumentiert, es gehe ja um neue Berufsbilder und die Chance, nach dem Bachelor zwischen verschiedenen Masterangeboten zu wählen.

Nun warten alle Beteiligte auf ein Rechtsgutachten, das die Rektoren in Auftrag gegeben haben. Anschließend sind weitere Gespräche angekündigt. Dabei legt der neue Streit einen alten Konflikt in der Regierung offen. Das Kultusministerium hatte sich lange Zeit geweigert, das Staatsexamen zugunsten der unieigenen Prüfungen Bachelor und Master aufzugeben. Die Kollegen vom Wissenschaftsministerium drängten darauf. Das Ergebnis war der Kompromiss. Entsprechend vielsagend kommentiert ein Sprecher des Wissenschaftsressorts den Streit: Das neue Abschlusssystem fuße darauf, dass es für das Masterstudium gesonderte Zugangsvoraussetzungen gebe. „Daran wird sich nichts ändern“, sagt er. Um dann zu erklären, wegen der Besonderheiten der Lehrerausbildung gebe es hier keine weiteren Hürden.

Ein dem Politikbetrieb geschuldeter Widerspruch, den die Rektoren nicht hinnehmen wollen. Von Graevenitz sagt, es sei an der Zeit, dass das Land bei Fächern für seine eigenen Berufe umsetze, was es allen anderen Studiengängen längst per Gesetz verordnet habe. Frank van Bebber

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