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Klimawandel: Bakterien fressen Methan

So verheerend die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist – Wissenschaftler haben dort wertvolle Hinweise zu möglichen Folgen der Erderwärmung erhalten. Methanfressende Bakterien könnten das Schlimmste verhüten.

Aufgrund steigender Wassertemperaturen könnten die eisähnlichen Methanhydrate am Grund der Tiefsee rasch große Mengen Gas freisetzen. Methan ist ein starkes Treibhausgas und würde, wenn es in die Atmosphäre gelangt, die Erwärmung zusätzlich vorantreiben. Bisher wissen die Forscher aber nur wenig darüber, wie viel Methan aus der Tiefsee tatsächlich die Lufthülle erreicht.

Auch beim Unglück im Golf strömten zwischen dem 20. April und dem 15. Juli 2010 neben 780 000 Litern Rohöl knapp 200 000 Tonnen Methan in die Tiefsee. Bereits nach 120 Tagen aber war das ausgetretene Gas nahezu vollständig aus dem Wasser des Golfs verschwunden, berichten John Kessler von der Texas A & M Universität in „College Station“ und seine Kollegen im Fachjournal „Science“.

Auf den ersten Blick verblüfft dieses Ergebnis, weil Methan in der Umwelt nur langsam abgebaut wird. In der Atmosphäre dauert es im Schnitt zwölf Jahre bis ein Methanteilchen in andere Verbindungen umgesetzt ist. Im Meer sollte das schneller geschehen, weil dort bestimmte Mikroorganismen Methan fressen und als Kohlendioxid und Wasser wieder ausscheiden. Dabei verbrauchen diese Bakterien Sauerstoff. Indem Mikrobiologen messen, wie schnell der Sauerstoffgehalt im Wasser abnimmt, können sie schätzen, wie aktiv die Bakterien sind.

Als Forscher in der Nähe des unverschlossenen Bohrlochs der Deepwater Horizon im Juni 2010 den Sauerstoffgehalt gemessen haben, lag dieser nur wenig unter den normalen Werten. Offensichtlich war der Methanabbau durch Bakterien noch nicht in Schwung gekommen. Daraufhin bestimmten Kessler und sein Team zwischen dem 18. August und dem 4. Oktober bis zu einer Entfernung von 500 Kilometern vom Bohrloch Methangehalt und Sauerstoffkonzentration in der Tiefsee. Demnach war das ausgetretene Methan bis Ende August aus dem Wasser weitgehend verschwunden.

Was in der Zwischenzeit passiert war, simulierten die Wissenschaftler dann mit Computermodellen. Demnach müssen sich zwischen Ende Juni und Anfang August die methanfressenden Bakterien nahezu explosionsartig vermehrt und dabei das ausgetretene Methan weitgehend verzehrt haben. Dem Modell zufolge hat sich dabei nach jeweils 3,5 Tagen die Zahl der Bakterien verdoppelt. Vom ausgeströmten Methan haben daher allenfalls verschwindend kleine Mengen die Atmosphäre erreicht, einen größeren Einfluss auf den Klimawandel dürfte die Methanfreisetzung also kaum gehabt haben.

Eine ähnliche Bakterienblüte erwartet Kessler daher auch, wenn infolge der Erderwärmung größere Mengen Methan aus der Tiefsee freigesetzt werden. Die Methanfresser sollten das Gas rasch aufzehren und so das Schlimmste verhüten, hoffen die Forscher. Allerdings weiß niemand, ob der Mikrokosmos in anderen Regionen der Tiefsee ähnlich wie im Golf von Mexiko reagiert.

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