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Berlin: Streit um den Bachelor der FU - hohe Abbruchquoten

Eigentlich sollen Bachelor seltener ihr Studium abbrechen und schneller studieren. Die Freie Universität Berlin setzt diese Ziele unzureichend bis gar nicht um. Die Abbruchquoten sollen sogar höher sein als beim Magister.

Studiert der Bachelor schneller und bricht er seltener sein Studium ab? So sollte es nach der Einführung der neuen Studiengänge sein, die die alten Magister- und Diplomfächer ablösen. Bei den ersten Bachelorstudierenden an der Freien Universität Berlin aber klappt das offensichtlich kaum. Zu diesem Ergebnis kommt das Controlling der FU in einem internen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt. Die Ziele der Bachelorreform, die Zahl der Abbrecher zu verringern und die Studiendauer zu verkürzen, „werden nicht oder nur teilweise erreicht“, heißt es.

So seien zum Wintersemester 2006/2007 – dem Zeitpunkt der Untersuchung, die bereits im Februar dieses Jahres vorgelegt wurde – nur noch 63 Prozent der Bachelorstudenten eingeschrieben gewesen, die zwei Jahre zuvor ihr Studium aufgenommen hätten. „Der feststellbare Schwund in den neuen Studiengängen ist erheblich höher als in den alten Studiengängen“, heißt es. In den Magisterstudiengängen habe er zwischen 2003 und 2005 bei nur zehn Prozent gelegen.

Das Papier basiert auf Berechnungen dazu, wie sich die Studierendenzahlen in der ersten Bachelorkohorte an der FU entwickelt haben. Die ersten Bachelorstudenten schrieben sich im Wintersemester 2004/05 ein. Von diesen 867 Studenten seien nach zwei Jahren nur 547 übrig geblieben. Besonders stark sei der Schwund in der Informatik (wo nur 29 Prozent der Studierenden übrig blieben), der Biologie, der Physik mit Lehramtsoption (35 und 40 Prozent) und der Philosophie (rund 45 Prozent). Es sei zu erwarten, dass nicht einmal ein Drittel der Studierenden in der Regelstudienzeit abschließen wird. 38 Prozent werden „mindestens ein Jahr länger“ brauchen, ein weiteres Drittel noch länger.

Überdurchschnittlich schneiden dagegen die Erziehungswissenschaften, die Geografie, die Filmwissenschaften , die Spanische Philologie sowie das Fach Italienstudien ab. In diesen Fächern brachen nur fünf bis 15 Prozent ihr Studium an der FU ab. Das Angebot in diesen Fächern sei offenbar „gut durchstrukturiert“ und stoße bei den Studierenden „auf hohe Akzeptanz“, heißt es.

Über die gut 7600 Bachelorstudierenden, die sich nach der ersten Kohorte an der FU eingeschrieben haben, gibt das Papier keine Auskunft. FU-Präsident Dieter Lenzen sagte auf Anfrage, es handele sich bei den in dem Papier genannten Zahlen um „Schätzungen“ und nicht um „empirische Befunde“. Lenzen verwies auf eine jüngst im Akademischen Senat vorgestellte Untersuchung, in der frühzeitig exmatrikulierte FU-Bachelorstudenten nach den Gründen für ihren Abgang gefragt wurden. Knapp die Hälfte gab an, an eine andere Uni gewechselt zu sein. Andere machten ein Praktikum, seien ins Ausland gegangen oder warteten noch auf ihr Wunschstudium. Diese Studierenden könne man nicht als Abbrecher werten. Gleichwohl wird in der Untersuchung gefordert, dass die FU die Bachelorstudierenden am Beginn ihrer Unizeit besser informieren und noch stärker während des Studiums betreuen müsse. Lenzen kündigte an, er wolle demnächst einen Zehn-Punkte-Plan zur Verbesserung des Bachelors vorstellen.

Wie kommt es aber, dass in den alten Magisterstudiengängen der Schwund so gering ist, obwohl dort die Abbrecherquoten als besonders hoch galten? Die Abgänge seien gut durch Studierende ausgeglichen worden, die in höheren Fachsemestern von anderen Unis an die FU wechselten, heißt es in dem internen Papier. Das sei im Bachelor bisher kaum passiert. Dies werde sich aber ändern, wenn andere Hochschulen entsprechende Studiengänge anbieten. Die Berliner Hochschulen und vor allem die FU gelten deutschlandweit als Vorreiter bei der Studienreform. Tilmann Warnecke

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