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Berliner Unis: Hochschulen: Überraschender Dank

Hochschulen unterzeichnen Verträge mit dem Senat - obwohl der größte Streitpunkt noch gar nicht ausgeräumt ist.

Dank der neuen Hochschulverträge „ist Berlin die Hauptstadt der Wissenschaft“, sagte Senator Jürgen Zöllner (SPD) am Mittwoch im Roten Rathaus. Eine zukunftsfähige Finanzierung der Hochschulen in Forschung und Lehre sei damit gesichert. Dass die Vertreter der Hochschulen bei der Vertragsunterzeichnung in den Jubel des Wissenschaftssenators einstimmten, überrascht. Denn der größte Streitpunkt, an dem die Verträge nach monatelangem Streit im November endgültig zu scheitern drohten, ist nicht ausgeräumt.

Der Verhandlungsführer der Hochschulen, der scheidende TU-Präsident Kurt Kutzler, dankte Zöllner und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit dafür, dass „sie ein hervorragendes Ergebnis erreicht und eine Finanzierung in nicht nur ausreichendem Maße gesichert haben“. Noch vor zwei Monaten hatte FU-Präsident Dieter Lenzen erklärt: Niemand, der bei Verstand sei, würde einen Hochschulvertrag unterzeichnen, in dem die Summe der Zuschüsse mit der Formulierung „bis zur Höhe von“ angegeben werde. Aber Lenzen verlässt Berlin in Richtung Hamburg. Er wurde bei der Vertragsunterzeichnung durch FU-Vizepräsidentin Ursula Lehmkuhl vertreten.

Was die Vertreter der Hochschulen lange hat zögern lassen, den Verträgen zuzustimmen, ist das von Zöllner geforderte leistungsbasierte Finanzierungssystem, das ab dem Jahr 2012 greifen soll. Es soll die Hochschulen zu besseren Leistungen in Forschung und Lehre anspornen. Erfüllen alle die Kriterien, erhalten sie „bis zu 73 Millionen Euro zusätzlich“.

In der Forschung soll die Summe der eingeworbenen Drittmittel eine Rolle spielen, in der Lehre die Zahl der Studenten in der Regelstudienzeit und der Studenten, die ihr Studium mit dem Examen abschließen. Beim Lehrpersonal soll der Anteil der Wissenschaftlerinnen wachsen. Nicht diese Kriterien sind umstritten, sondern deren Gewichtung, sagte Kutzler am Mittwoch.

In der Lehre dominiert an den künstlerischen Hochschulen zum Beispiel der Einzelunterricht, an den großen Universitäten sind es Lehrveranstaltungen mit 100 und mehr Studierenden. In der Forschung haben die Universitäten bei der Drittmitteleinwerbung einen Vorteil gegenüber den Fachhochschulen, für die die Forschung nach der Lehre rangiert. Da sich die Hochschulen untereinander bisher nicht auf die Gewichtung der Kriterien einigen konnten, werden die Verhandlungen über diese Frage unter Federführung der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung weitergeführt. Anja Schillhaneck, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, bezeichnete die Unterzeichnung der Hochschulverträge daraufhin als „reine PR-Veranstaltung“. Der hochschulpolitische Sprecher der CDU, Nicolas Zimmer, nannte das Papier „eine Vertragshülle“. „Das unternehmerische Risiko wird auf die Unis abgewälzt.“

Fest steht indes: Die Berliner Hochschulen erhalten bis 2012 finanzielle Planungssicherheit. Sie bieten den vier Universitäten, den drei künstlerischen Hochschulen und den vier staatlichen Fachhochschulen einen Schutz gegen pauschale Minderausgaben oder Auflagenbeschlüsse des Abgeordnetenhauses.

Einer der wichtigsten Punkte der Verträge ist die Finanzierung von 6000 zusätzlichen Studienplätzen für Studienanfänger. Es gilt, die letzten starken Jahrgänge und die doppelten Abiturientenjahrgänge zu versorgen. Damit können ab 2012 pro Jahr 26 700 Studienanfänger in Berlin aufgenommen werden. Außerdem wird der Staatszuschuss an die Hochschulen angehoben: 910 Millionen Euro wurden im Jahr 2009 für die Hochschulen vom Steuerzahler aufgewendet. Im Jahr 2010 sollen 952 Millionen Euro erreicht werden, 2011 sind es 969 Millionen und 2012 soll die Milliardengrenze überschritten werden. Für 2013 sind 1,005 Milliarden Euro anvisiert.

Damit steigen die Etats der Hochschulen um 3,5 Prozent – dieser Zuwachs liegt erheblich über der Etatsteigerung in anderen Bereichen, sagte Zöllner. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Berliner FDP kritisierten allerdings, dass in den Verträgen keine Mittel für die Verbesserung der Lehre vorgesehen seien. Rose-Marie Seggelke, Vorsitzende der GEW Berlin, forderte vom Senat einen neuen Masterplan zur Reform des Bolognaprozesses. Uwe Schlicht/Amory Burchard

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