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Bildungsstreik: Metzelder und das gelbe Shirt

Wie der Fußballer an der Humboldt-Universität bei einem Vortrag gestört wurde

„Wir besuchen die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.“ Rufe über Megafon zerreißen Mittwochmittag die Stille auf dem Hof des Gebäudes für Wirtschaftswissenschaften der Humboldt-Universität. Etwa 70 Studierende in gelben T-Shirts mit dem Aufdruck „Bundesweiter Bildungsstreik“ bauen sich vor dem Hörsaal 201 auf. Innen spricht vor 300 Studierenden Fußballprofi Christoph Metzelder auf Einladung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) über „Bildung für alle: die soziale Marktwirtschaft“.

Metzelder erklärt gleich, dass sein BWL-Studium „auf Eis liegt“. Der 28-Jährige unterstützt aber mit seiner Stiftung „Zukunft Jugend“ Bildungsprojekte – und setzt sich für Chancengleichheit unabhängig von der sozialen Herkunft ein. Die freien Kräfte des Marktes sollten durch klare Regeln „wie auf dem Fußballplatz“ gebändigt werden. Metzelder wird mehrfach von Streikaktivisten unterbrochen: „Wie viele Millionen brauchen Sie, um so lange zu studieren?“ – „Wieso sinken die Reallöhne?“ Metzelder bittet um Fragen erst nach dem Vortrag, es wird ruhiger. Bis die Gruppe mit dem Megafon kommt.

Zur Störung aufgerufen hatte der Refrat der HU. Die INSM – nach eigenen Angaben ein Bündnis „von Bürgern, Unternehmen und Verbänden“ – will aus der Sicht der Streikorganisatoren „rücksichtsloses Effizienzdenken im Bildungsbereich“ durchsetzen. Die Studierenden, die an der Saaltür Einlass begehren, weisen es indes von sich, Metzelders Vortrag sprengen zu wollen. „Wir möchten nur alle dazu aufrufen, danach zur großen Bildungsdemo zu gehen“, erklärt der junge Mann mit dem Megafon einem der Wachmänner. Eine kleine Gruppe wird eingelassen, aber sprechen soll sie erst am Ende der Veranstaltung – und ohne Megafon. Noch bevor einer der Aktivisten das Mikrofon in die Hand bekommt, ist der Saal fast leer. Auf den Aufruf wird verzichtet, die Studierenden können Metzelder gerade noch ein gelbes Streik-Shirt überreichen.

Wohin gehen die Zuhörer? „Zum Mittagessen.“ – „In die Bibliothek.“ – „Zur Demo natürlich!“ Elia (24) und Linda (21), Studentinnen der Volkswirtschaft, machen sich auf den Weg zum Roten Rathaus. Das Arbeitspensum in ihrem Bachelor-Studiengang sei in sechs Semestern nicht zu schaffen, im zweiten Studienjahr sei ihnen klar, dass sie überziehen müssten, sie fühlten sich stark unter Druck – und hoffen, dass die Proteste Erleichterungen bringen. Amory Burchard

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