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So geht’s. In Wurfrichtung aufstellen, Arm mit Ball nach hinten – und flott nach vorn. Profis wie Scott Kazmir können einen Baseball auf 160 Kilometer pro Stunde bringen.

© AFP

Biologie: Keiner wirft so gut wie der Mensch

Vor zwei Millionen Jahren entwickelten unsere Vorfahren die Kunst des Werfens. So konnten sie Tiere aus einigermaßen sicherer Entfernung erlegen.

So kecke Mützen wie Baseballspieler des 21. Jahrhunderts hatten die Frühmenschen Homo erectus vor zwei Millionen Jahren sicher nicht. Aber werfen konnten sie ähnlich gut wie ein Spitzen-Pitcher, der einen Baseball mitunter mehr als 160 Kilometer pro Stunde schnell in Richtung Gegenspieler schleudert. Das berichten Neil Roach von der amerikanischen Harvard-Universität und Kollegen im Fachblatt „Nature“. Damals ging es jedoch weniger um sportliche Ehre, sondern ums Beutemachen, sei es mit Steinen oder später mit Speeren. So konnten unsere Vorfahren aus der Distanz Tiere erlegen. Das war zumindest nicht ganz so gefährlich, als sich der Beute mit einfachen Steinklingen unmittelbar zu nähern.

Tatsächlich ist der kräftige Wurf eine sehr menschliche Fähigkeit. Zwar schleudern auch Primaten gelegentlich Gegenstände, doch sie erreichen nur Geschwindigkeiten von rund 35 Kilometern pro Stunde. Einem zwölfjährigen Menschenjungen hingegen gelingen nach etwas Training dreimal schnellere Würfe, berichten die Wissenschaftler.

Um herauszufinden, wie heutige Menschen dieses Tempo erreichen, analysierten die Forscher mithilfe von Kameras die Bewegungen von Baseballspielern. Zunächst fanden sie das, was auch Zuschauer beobachten und Trainer fordern: Der Spieler steht mit dem Arm ohne Ball in Wurfrichtung. Dann holt der Arm mit dem Ball nach hinten aus und führt den Schwung über den Kopf, während der Unterarm angewinkelt wird. Gleichzeitig macht er einen Schritt nach vorn, dreht Hüfte und Oberkörper in Richtung Gegenspieler und streckt den Unterarm wieder.

Das hohe Wurftempo hat mehrere Ursachen. Während sich der Arm rückwärts bewegt, dehnen sich die Sehnen und Bänder an der Schulter. Die mit dieser Dehnung gespeicherte Energie setzen die Sehnen später schlagartig wieder frei und beschleunigen so die ohnehin schnelle Bewegung des Arms. Die Schulter funktioniert dabei ähnlich wie eine Schleuder oder eine Armbrust, die Energie zeitweise speichert. Die Rotation des Armes, der Schritt nach vorn und die Rotation von Hüfte und Oberkörper addieren weitere Kraft in den Wurf.

Um diese Bewegungen perfekt auszuführen, braucht der Werfer eine schmale Hüfte, die eine rasche Körperdrehung erlaubt. Lange Beine geben zusätzlichen Schwung. Vor allem aber müssen sich die Stellung von Schulter und Armen zum Rest des Körpers ein wenig ändern, um beim Spannen der Schleuder möglichst viel Energie speichern zu können.

Alle diese Anpassungen waren zum ersten Mal beim Frühmenschen Homo erectus vor ungefähr zwei Millionen Jahren verwirklicht, schreiben Roach und seine Kollegen. Offensichtlich war die Optimierung des Werfens von Erfolg gekrönt. Vor 1,9 Millionen Jahren begannen die Frühmenschen jedenfalls deutlich mehr Fleisch als vorher zu essen, die Jäger mussten also erfolgreicher sein.

Den perfekten Baseballspieler gibt es allerdings bis heute nicht. Während ein Jäger aus einer Frühmenschensippe vermutlich nur ein paar Mal am Tag zu einem kräftigen Wurf ansetzte, schleudert ein Werfer des 21. Jahrhunderts den Baseball innerhalb weniger Stunden mehr als hundert Mal mit aller Kraft. Die Sehnen und Bänder sind aber noch auf den Steinzeitjäger ausgerichtet. Eifrige Spieler bezahlen ihren Erfolg im Sport daher oft mit Bänderschwächen und Bänderrissen.

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