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Brustkrebs: Gentest erhält Zulassung

Die Aufsichtsbehörde der USA hat ein neues Diagnoseinstrument zugelassen, das die gezielte Behandlung von Brustkrebspatientinnen unterstützt.

Der Test mit der Bezeichnung MammaPrint, der von der niederländischen Firma Agendia hergestellt wird, macht sich die Genexpression von 70 in Tumorgewebe vorkommenden Genen zunutze, um eine Prognose hinsichtlich des Metastasierungs- und Rizidivrisikos von Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium zu treffen und so zu ermitteln, ob sie von einer Chemotherapie profitieren würden. Die Lebens- und Arzneimittelbehörde der USA, FDA, erteilte am Dienstag die Zulassung für den klinischen Einsatz. Die Zulassung stellt einen Durchbruch sowohl für Patientinnen, da sie eine Lücke in der Prognosestellung bei Brustkrebs schließt, als auch für die FDA dar: Es ist der erste Test, der aufgrund eines Kontrollschemas zugelassen wurde, das die FDA auch künftig für gentechnische Diagnoseverfahren nutzen will.

Obwohl die Chemotherapie das Risiko eines Rezidivs bei manchen Brustkrebspatientinnen verringert, geht man davon aus, dass bei 70 -80 Prozent der so behandelten Frauen der Krebs ohnehin nicht wieder aufgetreten wäre und sie auch ohne die Chemotherapie überlebt hätten.(1) Gentests können dazu beitragen, diese Frauen im Vorfeld zu identifizieren und ihnen so die Chemotherapie mit ihren Nebenwirkungen ersparen.

Ein weiterer bereits auf dem US-amerikanischen Markt befindlicher Test, Oncotype DX, trät ebenfalls dazu bei, die Notwendigkeit einer Chemotherapie bei Brustkrebspatientinnen zu ermitteln. Dieser Test allerdings ermöglicht es lediglich Tumore zu klassifizieren, die auf Östrogen ansprechen - und etwa die Hälfte aller Mammakarzinome bei Frauen, die sich noch nicht in der Menopause befinden, sprechen nicht auf dieses Hormon an, merkt Patricia Ganz, Brustkrebsspezialistin an der University of California in Los Angeles, an. MammaPrint, das bei beiden Tumorarten Anwendung findet, füllt daher eine entscheidende Lücke, so Ganz. In Europa ist MammaPrint bereits seit 2004 erhältlich. Agendia nimmt grob geschätzt 2500 Euro pro Test und gibt an, bislang mehr als 5000 Tests durchgeführt und ausgewertet zu haben.

Individuelle Ansätze seien nötig, vor allem bei der Entscheidung, wie der Krebs behandelt werden soll, sagt Richard Simon vom National Cancer Institute. "Die meisten Behandlungsmethoden nützen nur einer kleinen Anzahl Patienten", ergänzt er. "Und viele dieser Methoden sind teuer, schädlich oder beschwerlich."

Vertrauen gewinnen

Eine Regelung für solch komplexe Gentests stand bei der FDA seit längerem an, und die Behörde muss nun offizielle Richtlinien erstellen, wie mit ihnen umzugehen ist. Ein Entwurf wurde bereits im vergangenen September erstellt und anhand von MammaPrint, das quasi als Testfall fungierte, modifiziert, so René Bernhards, leitender Wissenschaftler der FDA. Obwohl die FDA medizinische Diagnosemethoden regelt, die üblicherweise in Labors und Kliniken zum Einsatz kommen, sind komplizierte Testmethoden, die von einer einzelnen Firma bereitgestellt durchgeführt werden, Neuland für sie. Stattdessen überwacht die FDA Labore, in denen diese Tests durchgeführt werden, stichprobenartig und erhebt bislang keine klinischen Daten bezüglich der Diagnoseform. Oncotype DX, das Genome Health in Redwood City, Kalifornien, herstellt, zum Beispiel ist nicht direkt von der FDA zugelassen worden, stattdessen ließ die Behörde das Labor zu.

Dieses System trägt jedoch der Tatsache, das diese Tests einen enormen Nutzten für die Allgemeinheit haben können, nicht Rechnung, sagt Steve Gutman von der FDA. Es ist besser, den Test selbst zuzulassen, wie bei MammaPrint geschehen. "Um das Vertrauen der Ärzte und Mediziner zu gewinnen, muss die FDA tätig werden."

Schwierigkeiten

Auch wenn derartige Tests Klinikern helfen, eine Behandlung individuell zu gestalten, bringen sie auch Schwierigkeiten mit sich. Da sie auf der Genexpression vieler Gene basieren, sind sie häufig schwer zu interpretieren, um nur ein Beispiel zu nennen. "Wenn man einen klinischen Test durchführt, möchte man am Ende ein positives oder negatives Ergebnis sehen, das möglichst eindeutig ist", sagt Raphael Bueno, Thoraxchirurg und Krebsforscher am Brigham and Women's Hospital in Boston. Häufig sind komplexe Algorithmen nötig, um die Ergebnisse zu berechnen.

Manche Patienten fühlen sich immer noch sicherer, wenn sie sich für eine Chemotherapie entscheiden, obwohl er Test sagt, dass es nicht das Beste für sie ist, sagt Patricia Ganz. "Ich denke, eines der Probleme besteht darin, dass wir in den USA zu viel Reklame für die Chemotherapie gemacht haben", so Ganz. Wenn MammaPrint eine Patientin in die Gruppe mit geringem Risiko einstuft, besteht immer noch eine Wahrscheinlichkeit von etwa 10 Prozent, dass der Krebs in einem Zeitraum von 10 Jahren zurückkehrt. MammaPrint wurde bislang an mehr als 300 Patientinnen validiert und eine randomisierte Studie über die Prognosefähigkeit mit mehr als 6000 Patienten läuft derzeit. Ganz hofft, dass die Ergebnisse der Studie die Vorteile und Risiken klären, die es mit sich bringt, eine Behandlung auf diese Diagnoseform zu stützen.

(1) van 't Veer L. J., et al. Nature, 415. 530 - 536 (2002).

Dieser Artikel wurde erstmals am 5.2.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Heidi Ledford

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