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Schattenriss einer Person mit Doktorhut.

© picture alliance / dpa; Julian Stratenschulte

Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs: Unzufrieden unterhalb der Professur

Noch immer sind 93 Prozent der Arbeitsverträge von wissenschaftlichen Mitarbeitern befristet, die Hälfte der Verträge läuft nicht einmal ein Jahr.

Seit der Jahrtausendwende ist die Zahl der Nachwuchswissenschaftler an Hochschulen stark gestiegen – von gut 82 000 auf fast 145 000. Für Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) beweist dies, dass „wissenschaftliche Karrieren immer attraktiver“ werden. Tatsächlich schätzen die Jüngeren ihre interessanten Arbeitsinhalte und die zeitliche Flexibilität, wie aus dem am Donnerstag vorgestellten Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 (Buwin) hervorgeht. Doch ihre Beschäftigungsbedingungen finden sie nach wie vor „eher problematisch“.

Die Lage hat sich seit 2013 nicht verbessert

„Nachwuchswissenschaftler“ lassen sich über 30-Jährige nicht mehr gerne nennen. Doch im Wartestand sind die promovierenden, promovierten, habilitierenden und habilitierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterhalb der Professur allemal. Denn 93 Prozent der Kräfte im Mittelbau der Hochschulen und 84 Prozent an den Forschungsinstituten sind befristet beschäftigt. Zudem hat die Hälfte der Verträge mit wissenschaftlichen Mitarbeitern eine Laufzeit von unter einem Jahr.

Damit hat sich die Lage gegenüber dem letzten Buwin von 2013 nicht verbessert. Beim grundfinanzierten wissenschaftlichen Personal stellten die Hochschulforscher – ein Konsortium zahlreicher Einrichtungen – sogar einen gegenüber dem Jahr 2000 gestiegenen Befristungsanteil fest.

Wenig Sicherheit - das wirkt sich auf die Familienplanung aus

„Geringe Planungssicherheit“ und „zu geringe finanzielle Sicherheit“ wirken sich auch negativ auf die Realisierung des Kinderwunsches von Nachwuchswissenschaftlern aus. Die Vereinbarkeit von akademischer Karriere und Familie ist Schwerpunkt im Buwin 2017, wobei das Fazit der Hochschulforscher uneindeutig ausfällt. Zwar sehen 70 Prozent der männlichen Elternteile und 88 Prozent der weiblichen Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit. Aber nur 37 Prozent der Eltern beklagen „Anforderungen an hohe (Über-)Stundenzahl“ und 29 Prozent „hohe berufliche Mobilitätsanforderungen“.

Trotz der verbreiteten Unzufriedenheit mit der fehlenden Karriereperspektive wollen unter den Promovierenden 52 Prozent der Frauen und 48 Prozent der Männer dauerhaft in der akademischen Forschung bleiben. Nach der Promotion dreht sich das Verhältnis komplett um: Nun sehen 61 Prozent der Männer und nur noch 39 Prozent der Frauen ihre Zukunft in der Forschung.

Nur 19 Prozent der Promovierten arbeiten an Hochschulen

Die Realität für beide Geschlechter sieht laut Mikrozensus ohnehin ganz anders aus: Von den unter 45-jährigen Promovierten arbeiten 19 Prozent an Hochschulen, 16 Prozent im weiteren öffentlichen Dienst und 45 Prozent in sonstigen Wirtschaftsbereichen.

Ministerin Wanka äußerte sich zuversichtlich, dass das seit März 2016 geltende neue Wissenschaftszeitvertragsgesetz und das in diesem Jahr startende Programm für 1000 Tenure-Track-Professuren beim nächsten Buwin 2021 zu besseren Ergebnissen führen. Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, forderte „verlässliche Strukturen und mehr Planbarkeit“. Die brauche es dringend auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

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